Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

$& 103. Vertragsrechtliche Modifikationen des Grundsatzes. 329 
  
verkehrs (Errichtung von Leuchttürmen, Legung von Bojen usw.) nicht mehr 
einen Anlaß zur Erhebung von Gebühren usw. 
IV. Aus dem Grundsatz der Meeresfreiheit ergibt sich ferner, daß die 
Hochseefischerei!) den Angehörigen aller Staaten freisteht. Modifikationen 
der Ausübung des Fischereigewerbes auf hoher See können durch internationale 
Verträge herbeigeführt werden. So vor allem zum Zwecke der Regulierung 
der Fischerei in bestimmten Fischereirevieren und im Interesse der Aufrecht- 
erhaltung der Ordnung bei der Ausübung des Gewerbes durch die Angehörigen 
der kontrahierenden Staaten. Ferner ermöglicht die fortdauernde Subjektion 
der Privatschiffe unter die heimatliche Staatsgewalt die legislative Ordnung 
der Ausübung des Gewerbes durch die Schiffe der eigenen Staatsangehörigen. 
Damit ist auch die Möglichkeit gegeben, durch internationales Abkommen auf 
die Ausübung der Fischerei in gewissen Gebieten der offenen See zu verzichten 
und den eigenen Staatsangehörigen die Fischerei in diesen Gebieten zu untersagen. 
V. Mit der Anerkennung der Meeresfreiheit war die (vielfach vertrags- 
mäßige) Regelung des Seezeremoniells?2) nunmehr auf der Basis gleicher Be- 
rechtigung vorgezeichnet: kein Staat kann rechtlichen Anspruch auf 
den ersten Gruß erheben. Die heute üblichen Seezeremonialakte sind 
Akte internationaler Courtoisie — so insbesondere auch die Salutierung von 
Kriegsschiffen fremder Nationalität durch Handelsschiffe. In einzelnen Kon- 
ventionen wird übrigens auch auf derlei Courtoisieakte verzichtet. 
$ 103. Vertragsrechtliche Modifikationen des Grundsatzes. I. Zum Zwecke 
der Unterdrückung des Sklavenhandels zur See räumten sich die Mächte 
in einer Reihe von Verträgen (vom 20. Dezember 1841, Berliner Generalakte 
vom 26. Februar 1885, Brüsseler Generalakte vom 2. Juli 1890) gegenseitig 
das Recht ein, durclhı ihre bevollmächtigten Kreuzer jedes Schiff, das einer 
der kontrahierenden Nationen angehört, zu untersuchen und im Falle des 
Transports von Sklaven die strafrechtliche Verfolgung herbeizuführen 3). 
II. Dem Bedürfnisse einer polizeilichen Ordnung der Hochseefischerei 
in der Nordsee dient der am 6. Mai 1882 im Haag zwischen den Ufer- 
staaten der Nordsee abgeschlossene Vertrag. Die Befolgung der zum Schutze 
ungestörter Ausübung der Fischerei durch die Angehörigen dieser Staaten 
gegebenen Vorschriften wird durch die Kreuzer der kontrahierenden Staaten 
überwacht; zu diesem Zwecke sind letztere ermächtigt, bei begründetem Ver- 
dacht einer Übertretung der Vorschriften obigen Vertrages auch ihrer Nationalität 
nicht angehörende Fischerfahrzeuge zu besuchen und zu durchsuchen. — Im 
Zusammenhang mit diesen Verhandlungen standen die Erwägungen über 
polizeiliche Vorkehrungen zum Zwecke der Einschränkung der 
fahrenden Branntweinschenken (cabarets flottants, coopers, bumboots) 
  
1) Bluntschli $ 307; Perels, Int. Seer. $ 20; Stoerk HH II, 504ff.; F. v. Martens, 
I,$ 98; Gareis $62; v. Liszt $ 34; Bonfils p. 501sq.; Pradier-FodEr6 V.p. 2446 sq.; Rivier 
Principes, 1, 243 sq.; Hall, Foreign Powers and Jurisdiction (1894) $ 107; David, La pöche 
maritime au point de vue international (1897); Oppenheim I], $$ 281 sq. 
2) Vgl. Perels Jntern. Seerecht 139ff.; Stoerk HH I, 459 ff.; Oppenheim I $ 257; 
vgl. auch Binding, Hdb. d. Strafr. I, 401. 3) Näheres unten im 7. Buch.
	        
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