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dürfen; die Schiffahrtspolizei ist in einer dem Handel günstigen Weise gleich-
mäßig zu regeln; jeder Uferstaat übernimmt die Instandhaltung des Fahrwassers
innerhalb des ihm gehörenden Flußgebietes; es darf nur eine einheitliche Ab-
gabe als Vergütung für den Aufwand, den die Uferstaaten für die Anstalten
zu Gunsten der allgemeinen Schiffahrt machen müssen (wie z. B. für Leuchttürme,
Markungen im Wasser usw.), eingehoben werden;!) das Zollwesen der Ufer-
staaten darf mit den Schiffahrtsabgaben nichts Gemeinsames haben. — In der
Beilage XVI der Kongreßakte sind nähere Vorschriften über die Schiffahrt
auf dem Rhein, dem Neckar, der Maas, der Mosel und der Schelde gegeben.
Nach diesem Vorbilde sollen die Beschlüsse des Kongresses durch Spezial-
kommissionen der beteiligten Mächte für die übrigen internationalen Flüsse
zur Kkonformen Ausführung gelangen). Bezüglich der Donau wurde der
Grundsatz des Wiener Kongresses erst durch den Pariser Vertrag vom Jahre 1856
(Artt. 15—19) ausgesprochen®). In neuester Zeit fand der Grundsatz Aner-
kennung durch die Berliner Kongoakte vom Jahre 1885 bezüglich des Kongo
und des Niger; der freie Zutritt ist allen Flaggen, ohne Unterschied der
Nationalität, zu allen Gewässern des Kongo und seiner Nebenflüsse, einschließ-
lich der Seen, zu allen Häfen an diesen Gewässern, suwie zu allen Kanälen
eingeräumt (Art. 13); ebenso ist die Schiffahrt auf dem Niger, ohne Ausnahme
irgend einer der Verzweigungen oder Ausläufe dieses Flusses für die Handels-
schiffe aller Nationen, mögen sie mit Ladung oder Ballast fahren, vollkommen
frei (Art. 26)*). — Eine erhöhte internationale Sanktion erlangte der Grund-
satz durch die Erklärungen der Mächte in Art. 15 des Pariser Vertrages vom
Jahre 1856 und in Art. 13 der Kongoakte vom Jahre 1885, denen zufolge
die auf die freie Schiffahrt der betreffenden Ströme bezüglichen Vereinbarungen
als ein Bestandteil des europäischen Völkerrechts feierlich anerkannt sind.
Durch diese beiden Verträge wurden übrigens die von dem Wiener Kongreß
formulierten Grundsätze weitergebildet. Der Wiener Kongreß hatte näm-
1) Über Schiffahrtsabgaben Piloty, Das Recht d. S. i. Deutschland (1907).
2) Der Durchführung der Kongreßbeschlüsse hatten sich alsbald Hindernisse in den Weg
gestellt. Die vom Kongreß als Grundsatz ausgesprochene Freiheit der Schiffahrt wurde von der
Diplomatie auf die Uferstaaten beschränkt; einzelne Ausdrücke fanden im Interesse der Ufer-
staaten eine dem Grundsatze durchaus widersprechende Interpretation; so vor allem seitens Hol-
lands bezüglich des Rheins, indem die Worte jusque A la mer zur Begründung der Behauptung
dienen mußten, daß die Freiheit der Schiffahrt in den Mündungen des Rheins durch jenen
Ausdruck ausgeschlossen sei, derselbe also nicht gleichbedeutend sei mit den Worten jusyue
dans la mer. — Bezüglich der konventionellen Regelung der Schiffahrt auf den wichtigsten
Strömen in Europa, Amerika und Afrika siehe insbes. Carath&odory, HH II 327 ff. und die
dort angeführte Literatur. Bezüglich der Elbe vergl. Jellinek, Uber Elbe- und Rhein-
schiffahrt in Hdwörterb. d. Staatsw. IIl, 601 und IV, 424; Strisower, im Österr. Staats-
wörterb. s. v. „Elbe“; Ullmann R 1871, 594 ff.; Tuch, Sonderstellung und Zollanschluß
Hamburgs in Schmoller’s Jahrb. 1882 I, 175 ff.; Laband Staatsrecht IV, 395 ff.
3) Außer der Literatur bei Carath&odory l.c. Jollinek, im Hdtwörterb. d. Staatsw.
8. v. „Donau-Schiffahrt“; Orban |. c. 174sq.; Bittel, Uber das Flußschiffahrtsrecht der
Donaumündungen (1899); Wittmaack, A. f. ö. R. XIX, 145ff.; Gusti, Die Donaufrage in
„Preuß. Jahrb.* 1904, 235 ff., Strisower i. Österr. Staatswörterb. s. v. „Donau.“
4) Kap. IV (Art. 18 ff.) enthält die Kongo-Schiffahrtsakte, Kap. V (Art. 26 ff.) die
Niger-Schiffahrtsakte.