$ 106. Die internationalen Seen und Kanäle. 34l
Teilen des Weltmeeres; es sind dies der Kanal von Suez und der im Jahre 1895
eröffnete Nord-Ostseekanal. Der Nord-Ostseekanal ist durch deutsches
Gebiet geführt. Der Verkehr ist den Schiffen aller Nationen !) gestattet, kann
aber nach freiem Ermessen jederzeit eingestellt oder nur unter Bedingungen
erlaubt worden. Der Kanal ist nicht international; er steht ausschließlich
unter deutscher Gebietshoheit, Jurisdiktion und Verwaltung. Der Zweck der
Anlage ist ein militärischer. Ein drittes Unternehmen, der Panamakanal
ist infolge verfehlter Leitung ins Stocken geraten; neuestens ist das Unter-
nehmen wieder in Angriff genommen. Indessen waren gerade mit Rücksicht
auf den Durchstich des amerikanischen Isthmus jene rechtlichen Gedanken in
Erwägung gezogen worden und in internationalen Verträgen zu formellem
Ausdruck gekommen, auf denen die Sicherung der zweckentsprechenden und
allgemeinen Benutzbarkeit jener wichtigen Verbindungswege überhaupt beruhen
mnB und die bei der Regelung der Verhältnisse des Suezkanals zum Vorbilde
dienten. Schon in dem Vertrage zwischen den Vereinigten Staaten und Neu-
granada (jetzt Columbia) vom 12. Dezember 1846 handelte es sich um die
Sicherung der Neutralität der Landenge von Panama und jeder auf oder durch
die Landenge hergestellten interozeanischen Verbindung, sowie des freien
Verkehrs von Meer zu Meer. Der am 19. April 1850 zwischen den Vereinigten
Staaten und England abgeschlossene (sog. Clayton-Bulwer’sche) Vertrag nahm
für den Fall der Ausführung des Unternehmens einen internationalen Akt in
Aussicht, der mit Ausschluß aller Sonderrechte der zunächst interessierten
Mächte an dem Kanal die Freiheit des Verkehrs für alle Handelsschiffe
garantieren sollte; ferner sollte der Kanal auch in Kriegszeiten für den freien
Verkehr ofiengehalten und gegen jede Beeinträchtigung sicher gestellt werden.
Als jedoch der Gedanke einer Kollektivgarantie der Neutralität durch sämtliclıe
Mächte in den diplomatischen Verhandlungen in den Vordergrund getreten
war, änderte die Regierung der Vereinigten Staaten ihre Stellung zu dem
Gegenstande und beanspruchte auf Grund der Monroedoktrin das ausschließliche
Protektorat über die interozeanischen Verkehrswege 2). Dagegen anerkannte
Präsident Grover Cleveland (in seiner Botschaft vom 9. Dezember 1885)
rückhaltlos die Universalität der mit den großen Verkehrswegen verknüpften
Interessen der Menschheit, die Unzulässigkeit der ausschließlichen Herrschaft
einer einzelnen Macht und die Notwendigkeit der Sicherung solcher Verkehrs-
wege gegen feindliche Operationen. Bezüglich des Pamakanals ist der am
5. Februar 1900 in Washington zwischen England und Nordamerika abge-
schlossene Vertrag (sog. Hay-Pauncefote Vertrag) als Nachtrag zu dem
oben erwähnten Clayton-Bulwer Vertrag getreten.
III. In der Tat handelt es sich gegenüber den Seekanälen um die An-
erkennung der Konsequenzen der freien Schiffahrt auf hoher See auch bezüglich
1) Nach $ 2 der Betriebsordnung vom 29. Juli 1901 dürfen fremde Kriegsschiffe
nur mit Genehmigung einlaufen. Siehe Perels Intern. Scer. 84.
2) Vgl. über die dadurch veranlaßten Kontroversen Carath&odory, HH 11 S. 396ff.
— Die Vereinigten Staaten von Nordamerika griffen seither auf die von dem Präsidenten
Monroe zum Ausdruck gebrachte Doktrin zurück.