Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

390 Siebentes Buch. Gemeinsame Wirksamkeit der Staaten etc. 8 126. 
  
sellschaft nur dann annähernd vollständig gewährleistet werden kann, wenn 
die Rechtsgenossen die Überzeugung gewonnen haben, daß die Reaktion der 
Strafgewalt gegen die einzelne Straftat: und den einzelnen Verbrecher nicht 
eine vereinzelte Aktion des Einzelstaats, sondern einorganisches 
Glied der Gesamtaktion der zivilisierten Staaten gegen das 
Verbrechertum bildet. Die Verbrechen haben in bezug auf eine grobe 
Reihe von Delikten den Charakter vereinzelter Erscheinungen abgestreift; 
ihre Urheber dürfen recht wohl als die Glieder eines die Gesellschaft be- 
lästigenden und gefährdenden Komplexes von Personen bezeichnet werden, für 
die der Ausdruck „Verbrechertum“ durchaus zutreffend ist. Dieses Verbrecher- 
tum erscheint aber heute bezüglich der Mehrzahl der von ilım verursachten 
Übeltaten als ein internationales Übel. Eine noch so rationelle und 
energische Reaktion der einzelnen Strafgewalt gegen den einzelnen Verbrecher 
bildet innerhalb jener Gesamtaktion nur dann ein erhebliches Moment wirk- 
samer Bekämpfung des Verbrechertums, wenn wir die Überzeugung haben, daß 
die koordinierten Strafgewalten anderer Staaten in analogen Fällen 
gleichartig vorgehen, denn nur damit ist die Wirksamkeit der Aktion und 
Wachsamkeit des Einzelstaates einigermaßen gewährleistet. In der Tat haben 
die Kulturstaaten eine nationale und vielfach gemeinsame Tätigkeit zum 
Schutze des Rechts entwickelt, in welcher der internationale Charakter der 
Aufgabe zum Ausdruck gelangt. Wie die präventive Richtung der Bekämpfung 
des Verbrechertums eine internationale Seite aufweist und hente namentlich 
gegenüber gewissen antisozialen Bestrebungen zur Geltung kommt, so ist dies 
auch bei der repressiven Richtung der Fall. — Die Solidarität der Interessen 
der Staaten gleicher Kultur mag nun nach dem Gesagten immerhin in der 
Gestaltung des internationalen Strafrechts noch nicht in allen Konsequenzen 
Anerkennung gefunden haben; indessen weist doch schon das heutige inter- 
nationale Recht auf dem Gebiete der Strafverfolgung eine stattliche Reihe 
von Normen über gegenseitig zu leistende Rechtshilfe in Strafsachen, 
insbesondere über den wichtigsten Rechtshilfeakt — die Auslieferung von 
Verbrechern — auf; in diesen Einrichtungen kommt das Bewußtsein der 
Interessensolidarität und der Solidarität der Rechtsordnungen der Einzelstaaten 
der internationalen Gemeinschaft zum Ausdruck. 
$ 126. a) Akte der Rechtshilfe in Strafsachen außer der Auslie- 
ferung'). «) Die Notwendigkeit einer Mitwirkung fremder Staaten für die 
Zwecke der Strafjustiz ergibt sich in erster Reihe bezüglich der Ladungen 
(eines Beschuldigten oder Verurteilten) und der Zustellungen. Da hier kein 
  
1) Vgl. v. Martitz, Rechtshilfe I 430, 431. Lammasch, HH III 567, 568, wo aber 
de lege ferenda gegenüber der jetzigen Regel der Nichtvollstreckung ausländischer Strafurteile 
darauf aufmerksam gemacht wird, daß sich Vereinbarungen über die Rechtskraft der Urteile 
fremder Strafgerichte allerdings empfehlen würden tim Gegensatze zu selbständiger und ein- 
geitigor Aufstellung gesetzlicher Normen über diesen Gegenstand). Weiterhin sollten auch die 
Fragen über die Wirksamkeit ausländischer Urteile bezüglich der Aberkennung gewisser 
Rechte, über die Bedeutung einer Verurteilung im Auslande für die Beurteilung des Vor- 
handenseins von Rückfall u. 8. w. entschieden werden. Vgl. in letzterer Beziehung Cuche 
in der RG IlI 237 sq.; dazu meine Abh. in der Krit. Vierteljahresschrift, N. F., II 474 ff.
	        
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