Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

404 Siebentes Buch. Gemeinsame Wirksamkeit der Staaten ete. $ 133. 
  
Die Beseitigung der Sklaverei selbst, soweit sie in Staaten fremder Zivili- 
sation noch besteht und namentlich mit den wirtschaftlichen Verhältnissen der 
betreffenden Völker zusammenhängt, kann wohl nicht den Gegenstand kollek- 
tiven Vorgehens der europäischen Kulturstaaten bilden; diese müssen sich viel- 
mehr darauf beschränken, in den ihrem Macht- und Herrschaftsbereich zu- 
gänglichen Gebieten die Behandlung von Menschen als Sklaven zu bekämpfen 
— womit freilich nicht gesagt sein will, daß die endliche Beseitigung der 
Sklaverei selbst nicht eine wichtige Kulturaufgabe der christlichen Zivilisation 
überhaupt bildet. Der heute noch bestehende Gegensatz von Rechtsgebieten, 
in denen die Sklaverei positivrechtlich anerkannt ist, und solchen, in denen 
die Behandlung des Menschen als Sklaven positivrechtlich verboten und straf- 
bar ist, charakterisiert natürlich auch den Sklavenhandel in doppelter Richtung, 
wenn es auch selbstverständlich ist, daß der in einem Sklavenstaat begründete 
Zustand eines Menschen als Sklaven und die dort mit Akten des Sklaven- 
handels verknüpften Interessen im Bereich unserer Zivilisation und vor unseren 
Gerichten keinerlei rechtliche Anerkennung finden. So viel steht aber doch 
fest, daß es Rechtsgebiete gibt, in denen die Behandlung eines Menschen als 
Ware nicht rechtswidrig ist). 
2. In den Verhandlungen des Wiener Kongresses kam das internationale 
Verbot des Sklavenhandels zum Ausdruck. Fortan war es Sache der Mächte, 
vor allem zur Verhinderung und endlichen Unterdrückung des Sklaven- 
handels zur See in geeigneter Weise vorzugehen. Zu diesem Zwecke 
räumten sich England, Österreich, Frankreich, Preußen und Rußland in dem 
(sog. Quintupel-) Vertrage vom 20. Dezember 1841?) gegenseitig das Recht 
ein, durch ihre bevollmächtigten Kreuzer innerhalb einer genau beschriebenen 
Zone des Atlantischen Ozeans jedes Schiff, das einer der kontrahierenden 
Nationen angehört, zu untersuchen und im Falle des Transports von Sklaven 
die strafrechtliche Verfolgung herbeizuführen. Zu demselben Zwecke hatte 
insbesondere England mit den meisten Seefahrt treibenden Staaten analoge 
Einzelverträge abgeschlossen ®). 
Hatte gegen das Ende der sechziger Jahre der Sklaventransport inner- 
halb der Zone des atlantischen Ozeans aufgehört, so fanden die Sklavenhändler 
an der Ostküste Afrikas ein neues Gebiet für den Betrieb ihres Handels mit 
—— 
  
1) Anders verhält es sich mit dem an der Hand gewisser Analogien dem Sklaven- 
handel vielfach zur Seite gestellten sogenannten Frauenhandel (s. unten S.4"6). Zweck 
des Frauenhandels ist die Förderung der gewerbemäßigen Unzucht; das gewerbemäßige Vor- 
gehen der Personen, welche Frauen für diesen Zweck anwerben, und das Verhalten jener 
Personen, welche aus der Förderung der Unzucht anderer ein Gewerbe machen, sind die 
Momente, welche die Verwertung des Begriffs des Handels für die populäre Charakte- 
risierung des Tatbestandes jenes Delikts gegen die Sittlichkeit erklären. Für die juristische 
Betrachtung und Vergleichung ist natürlich der dogmatische Unterschied beider Delikte sowohl 
bezüglich des Schutzobjektes wie bezüglich der Tatmerkmale und folgemäßig auch bezüglich 
des Schuldmoments unverkennbar. 
2, Text bei Fleischmann, 41. — Der Vertrag wurde von Frankreich nicht ratifiziert. 
3) Der letzte war der mit der nordamerikanischen Union untern 7. April 1562 abge- 
schlossene Vertrag.
	        
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