Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

$ 130. Die Gesundheitspflege. 413 
  
hygienischen Aufgabe im Kriege durch die Kriegfübrenden und die Notwendigkeit, 
daß die Aktion, welche zur Lösung dieser Aufgabe führen soll, dem Zwecke 
gemäß groß angelegt und durchgeführt werden muß, kann diese Aktion nur 
als Kollektivaktion mit den am Kriege nicht beteiligten Mächten gedacht werden. 
Diese können im Kriegsfalle ihr wohlorganisiertes, im Frieden ausgebildetes 
hygienisches Personal für die große Aufgabe in Funktion treten lassen. Was 
sie zur Bekämpfung von Kriegepidemien innerhalb des vom Kriege unmittel- 
bar und mittelbar berührten Gebietes leisten, ist übrigens in erster Linie eine 
Leistung im Interesse der Kriegführenden selbst, wenn man die durch die 
Geschichte der neueren Kriege festgestellte Tatsache in Erwägung zieht, daß 
mit wenigen Ausnahmen!) in allen größeren Kriegen bei längerer Dauer 
der Kriege die Armeen hygienischer Zerklüftung unterlagen. In juristischer 
Beziehung ist bezüglich dieses Projekts zu bemerken, daß der Krieg zwar 
zunächst eine res inter alios gesta ist; allein auf dem Boden der inter- 
nationalen Gemeinschaft und im Bereich des heutigen Völkerverkehrs sind 
gleichzeitig auch die wichtigsten Interessen der Neutralen in Mitleidenschaft 
gezogen. Dem Schutz dieser Interessen dient das Neutralitätsrecht; nach dem 
heutigen Stande des Neutralitätsrechts sind es aber vornehmlich politische und 
ökonomische Interessen, welche geschützt werden sollen. Allein, die Frage 
der Bekämpfung der Kriegsepidemien ist zweifellos gleichfalls mit dem Neu- 
tralitätsrecht auf das engste verknüpft. Wenn es nämlich ein oberster Grund- 
satz des Neutralitätsrechts ist, daß die Neutralen von dem Kriege und seinen 
mittelbaren Folgen möglichst verschont bleiben sollen, dann wäre es nicht zu 
begreifen, warum die Neutralen die für das Gemeinwohl verderblichsten Folgen 
des Krieges einfach als unabwendbaren Schicksalsschlag hinnehmen müßten. 
Allerdings — wer sich auf den cynischen Standpunkt derer stellt, die den 
Kriegen und Epidemien freien Lauf lassen wollen, der wird auch diese juristische 
Frage anders beantworten. 
II. Dem Schutz der Gesundheit dienen derzeit Einzelverträge?) (so 
namentlich zwischen Nachbarstaaten) und Kollektivverträge; die letzteren 
dienen der Bekämpfung der Cholera, der Pest und neuestens dem Gelbfieber. 
ı. In letzterer Beziehung kam es auf Grund der Donauschiffahrtsakte 
vom 28. Mai 1881 zum Zwecke der Überwachung der unteren Donau (im Jahre 
1881)! zur Einsetzung des Conseil international de sant& zu Bukarest. 
Neue Errungenschaften der medizinischen Wissenschaft lenkten die Aufmerk- 
samkeit auf neue Mittel der Abwehr gegen die Cholera, insbesondere durch 
Beseitigung der Infektionswege, Verbot der Einfuhr gebrauchter Kleider, 
Lumpen u. dgl., rationelle Desinfektion der Personen, Schiffe und sonstigen 
Fahrzeuge. Die neuen Maßregeln wurden in erster Reihe durch die Kon- 
vention vom 30. Januar 1892 (auf Grund der Ergebnisse einer Konferenz in 
  
1) Siehe den cit. Aufsatz in der Revue gen£rale p. 443 sq. 
2) Z. B. Deutsch-belgischer Vertrag v. 7. Februar 1873, deutsch-holländischer Vertrag 
vom 11. Dez. 1873, deutsch-Juxemburgischer Vertrag v. 31. Mai 1533; deutsch-schweizerischer 
Vertrag v. 29. Febr. 1884, deutscher Vertrag mit Österreich-Ungarn v. 10. September 1882, mit 
Frankreich v. 12. Januar 1881, französisch-schweizerischer Vertrag v. 29. Mai 1889.
	        
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