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IV. Die industriellen, aber gleichzeitig auch die landwirtschaftlichen
Interessen und jene des Handels berührt die Brüsseler Konvention vom
5. März 1902, betreffend die Aufhebung der Prämien auf die Produktion und
den Export von Zucker. !) Eine ständige Kommission in Brüssel ist mit der
Überwachung der Ausführung dieses Vertrages betraut.
Die mit der Schiffahrt als Industrie verknüpften Interessen finden inter-
nationalen Schutz in den Handels-, Schiffahrts- und Konsularverträgen und in
der nationalen Gesetzgebung.
$ 142. Fortsetzung. Die Interessen der industriellen Arbeiter. ?)
Es ist schon oben (S. 5) in anderem Zusammenlhange betont worden, daß eine
befriedigende Lösung des Komplexes von volkswirtschaftlichen und wirtschaftlich-
politischen Problemen, die die sog. Arbeiterfrage bilden, nach der heutigen Lage
der Verhältnisse der Verkehr pflegenden Staaten voraussichtlich nur auf inter-
nationalem Wege möglich sein wird. Von solchen Anschauungen ausgehend
hatte die Schweiz den Zusammentritt einer internationalen Konferenz vor-
geschlagen (1881, Zirkularnoten des schweizerischen Bundesrats vom 15. März
und 12. Juli 1889). Die Angelegenheit wurde von Kaiser Wilhelm IL. zum
Gegenstand einer Konferenz in Berlin (1890) gemacht; allein zu einem formellen
Ergebnis kam es nicht. Das Schußprotokoll vom 29. März 1890 verzeichnet
das sachliche Ergebnis der Beratungen: es wurde eine Reihe von Wünschen
ausgesprochen, deren Erfüllung ein verhältnismäßig weitgehendes Maß inter-
national geregelten Arbeiterschutzes gewälren könnte. Damit war wenigstens
der Standpunkt der zivilisierten Mächte zum Ausdruck gekommen, dab
hier durch kollektive Wirksamkeit dieser Mächte eine wichtige soziale
Aufgabe zu lösen ist.) Seither hat die Angelegenheit eine bedeutsame
sachliche Förderung durch einen, allerdings nur auf ein engeres Gebiet be-
schränkten Vertrag zwischen Frankreich und Italien vom 15. April 1904
gefunden. 1) Die Bedeutung dieses Vertrages für das weitere Vorgehen der
Mächte ist allgemein anerkannt.)
Während Frankreich und Italien einen besonderen Vertrag ab-
geschlossen haben, wurden ähnliche Vereinbarungen von anderen Staaten in
ihren Handelsverträgen in Aussicht genommen. Auf den Wunsch Italiens
wurde im Jahre 1904 in den Zusatzvertrag zum deutsch-italienischen
Handels-, Zoll- und Schiffahrtsvertrag vom 6. Dezember 1691 ein Artikel (2a)
folgenden Inhalts aufgenommen: „Die vertragschließenden Teile verpflichten
1) NRG (2. S.) XXXI, 272.
2) Vgl. Rivier, Principes I p. 362, 363. Einen eingehenden Bericht über den Stand
der Frage des internationalen Arbeiterschutzes bietet Dochow Z. XVI, 574 ff. mit vollstän-
diger Literaturangabe auch in volkswirtschaftlicher Beziehung, ferner in den Jahrbüchern f.
Nationalökonomie u. Statistik 1905, 540 ff.
3) Die Verhandlung in NRG (2. S.) XV, 335 ff.: dazu Rolin-JacquemynsRXXII, 1 sq.
4) Abgedruckt bei Dochow a. a. O. 59%.
5) So sagt u. a. Stier-Somlo, daß dieser Vertrag eine historische Tatsache ist; „er
stellt die erste internationale Arbeiterschutzkonvention dar — man übertreibt nicht, wenn man
hier von einem Markstein der Geschichte redet“. Vgl. Dessen Ausführungen i. Bl. f. vgl.
Rwiss. u. Volkswirtschaftslehre I, 193 ff. u. Deutsche Sozialgesetzgebung (1906) 79 ff.
Ullmann, Völkerrecht. 27