Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

420 Siebentes Buch. Gemeinsame Wirksamkeit der Staaten etc. & 145. 
  
im völkerrechtlichen Sinne — in Gegensatz treten. Allerdings bewegt sich 
die freie Selbstbestimmung !) des Staats auf dem Gebiete des Handelsverkehrs 
heute innerhalb gewisser Grenzen, welche durch die Konsequenzen der Tat- 
sache des internationalen Verkehrs und der Existenz einer Gemeinschaft der 
Staaten dem einzelnen Gliede der Gemeinschaft gezogen sind. Um deswillen 
ist es heute unmöglich, daß ein Staat den Handelsverkehr gegenüber einem 
anderen Staate unterdrücken oder einen Staat von dem Handel mit einem 
dritten Staate ausschließen könnte. Auch dürfte die Einführung von Schutz- 
zöllen nicht zu einer Prohibition der Einfuhr bezüglich aller Gegenstände 
führen. Es ist ferner heute unmöglich, Handelsgebiete und Handelswege zu 
monopolisieren. Dagegen ist der Selbstbestimmung des Staats keine Grenze 
gezogen, wenn er einen bestimmten Handel aus Gründen der Förderung des 
Volkswohls (z. B. den Opium- oder Alkoholhandel) oder aus rechtlich-sittlichen 
Gründen (z. B. den Sklavenhandel) und anderen Gründen verbietet; ferner kann 
der Staat den Handelsverkehr mit einzelnen Staaten an günstigere Bedingungen 
knüpfen, als den mit anderen; anderen Staaten den Handelsverkehr mit einem 
bestimmten Gebiete (z. B. mit seinen Kolonien) untersagen, auch Waren, welche 
auf fremden Schiffen eingeführt werden, anders behandeln, als die auf eigenen 
Schiffen eingeführten. 
U. Die Erkenntnis der Bedeutung des internationalen Handelsverkehrs 
für das ökonomische Gemeinwohl mußte frühzeitig das Bedürfnis rechtlicher 
Ordnung und des Schutzes der vielfach kollidierenden Interessen der Handel 
treibenden Völker nahelegen. Das Bedürfnis wird durch die Abschließung von 
Verträgen (Handelsverträgen, Schiffahrtsverträgen) befriedigt. Die praktischen 
Zwecke dieser Verträge waren in verschiedenen Zeiten verschieden; in der 
älteren Zeit dienen sie zumeist in erster Linie der Eröffnung des Handels- 
verkehrs, in neuerer Zeit hängen sie auf das engste zusammen mit der 
herrschenden Handelspolitik (Merkantilsystem, Kolonialsystem, Freihandels- 
system usw.). Während nun die aus solchen Verträgen für die Kontrahenten 
entspringenden Verbindlichkeiten auf der autonomen Selbstbestimmung der 
beteiligten Staaten beruhen, kennt das neueste Recht Beschränkungen der 
Autonomie in handelspolitischen Angelegenheiten durch Kollektivakte der 
Mächte; so wurde in der Berliner Konferenzakte vom Jahre 1885 für den 
durch diese Akte geschaffenen Kongostaat das Prinzip des Freihandels als 
maßgebendes handelspolitisches Prinzip deklariert.2) Durch Kollektivakte wurde 
in neuester Zeit den kontrahierenden Mächten auch der Betrieb eines bestimmten 
Handels verboten — nämlich des Sklavenhandels. 3) 
III. Die Handelsverträge lassen sich zunächst in zwei große Gruppen 
sondern: solche, durch die der Handelsverkehr mit einem Lande erst eröffnet 
  
I) Sie bildet als Konsequenz der Souveränetät die juristinche Regel, die aber durch 
die Macht der Tatsachen des Verkehrs praktisch modifiziert ist. 
2) Art. 1: Le commerce de toutes les nations jouira d’une compl£te libert6 dans tous les 
territoires constituant le bassin du Congo et ses affluents etc. — Dagegen gewährte die 
Brüsseler Antisklavereiakte dem Kongostaat das Recht zur Erhebung von Einfuhrzöllen (zur 
Hebung der Finanzlage des Staates). 3) Brüsseler Konferenzakte 1890.
	        
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