424 Siebentes Buch. Gemeinsame Wirksamkeit der Staaten etc. 8 147.
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Telephon'). I. Der friedliche Verkehr zwischen den Staaten der inter-
nationalen Gemeinschaft ist nur möglich, wenn die Staaten gegenseitig den
Gebrauch ihrer Land- und Wasserwege?), überhaupt ihrer Kommunikations-
mittel, gestatten. Nichtgewährung dieses Gebrauches würde den Verzicht
auf den internationalen Verkehr und auf die Angehörigkeit zur internationalen
Gemeinschaft bedeuten: sie wäre eine Rückbildung im Sinne jenes Zustandes
gegenseitiger Isolierung der Völker, der geschichtlich der Entstehung einer
völkerrechtlichen Gemeinschaft und Ordnung voraufgelit. Anderseits äußern
sich auch heute gewisse Wirkungen der Gebietshoheit und Selbständigkeit
der Staaten, insofern auch die Fremden denselben Bedingungen des Gebrauchs
der Verkehrsmittel unterworfen sind wie die Staatsangehörigen, ferner inso-
fern der Staat nach freiem Ermessen darüber urteilt, ob der Gebrauch ein
friedlicher und nicht gefährlicher sei. Willkürliches Vorgehen bei der Ver-
sagung des Gebrauchs berechtigt den verletzten Staat zur Retorsion. Auf
dem Boden des heutigen Verkehrs und im Hinblick auf die intensive Aus-
bildung der Verkehrsmittel (durch Verwendung der Dampfkraft und der
Elektrizität) tritt das Bedürfnis der Regelung des Verkehrs größerer Gruppen
von Staaten, ja der Gesamtheit der Verkehr pflegenden Staaten in den Vorder-
grund. Diesem Bedürfnis dienen zahlreiche Einzelverträge und Kollektivverträge.
II. Vor allem war es das Postwesen, dessen internationale Bedeutung
am frühesten erkannt worden ist. Schon Klüber?°) hatte die Internationa-
lisierung des Postwesens befürwortet; allein erst dem energischen Eingreifen
des deutschen Generalpostmeisters Stephan gelang es, die Idee zu realisieren.
Die internationale Konferenz zu Bern im Jahre 1874 schuf durch die Kon-
vention vom 9. Oktober 1874 (wirksam vom 1. Juli 1875) einen Postverein
(Allgemeiner Postverein, Union generale des postes), dem zunächst
21 Staaten beigetreten waren. Die Weiterbildung dieser segensreichen Institution
durch periodisch zusammentretende Kongresse wurde (in Art. 18 der Konvention)
in Aussicht genommen). Seither sind alle europäischen, amerikanischen und
1) F. v. Martens II S. 229 ff.; Rivier, Principes I 350 sq.; Gareis $ 65; v. Liszt
8 29; A. Zorn, Völkerrecht 182 ff.; Fischer, Post und Telegraphie im Weltverkehr (1876,
1879); Schröter, Der Weltpostverein (1900); Renault, Etudes ete.: La poste et le telegr.
(187°); Dambach, HA Ill S. 319 ff. (Post- und Telegraphenverträge) ; Meili, HH III S. 259 ff.
(Eisenbahnverträge); v. Kirchenheim in Holtzendorff’s Jahrbuch, N. F., I1 S. 745 ff.; Ja-
cottey, Traite de l€gisl. et d’exploitation pustales (11891); Weithase, Geschichte des Welt-
postvereins, 2. Aufl. (1893). Kaufmann, Die mitteleuropäischen Eisenbahnen u. d. intern.
öff. Recht (18931; Gerstner, Das intern. Eisenbahnfrachtrecht (1895); Derselbe, Der neueste
Stand des Berner intern. Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (1901); Rolland,
De la correspondance postale et tel&graphique dans les relations internationales (1901).
2) Bezüglich des unschädlichen Verkehrs in Territorialgewässern s. o. S. 181 ff.
3) Das Postwesen in Deutschland. wie es war, ist, und sein könnte (1811).
4) Kongresse in Paris 1878, Lissabon 1885, Wien 1591, Washington 1897. — Von Ver-
trägen kommen in Betracht: der Weltpostvertrag vom 1. Juni.1878 (Hauptvertrag), die
Konvention betr. den Austausch von Briefen mit Wertangabe vom 1. Juni 18789, die Kon-
vention betr. den Austausch von Postanweisungen vom 4. Juni 1878, die Konvention betr.
den Paketverkehr vom 3. November 1880, der. Additionalvertrag (d. d. Lissabon) vom 1. März
1885, die Konvention betr. den Postauftragdienst vom 21. März 1885, die Revision des Ver-