Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

440 Achtes Buch. Die intern. Streitigkeiten u. deren Erledigung etc. $ 154. 
  
Anerkennung, Verzicht, Vergleich; im letzteren Fall erfolgt die Erledigung 
durch Abschluß des Friedensvertrags. 
$ 153. Die besondere Vermittlung (mediation speciale). Auf Antrag 
des amerikanischen Bevollmächtigten Holls wurde die Haager Konferenz ver- 
anlaßt, ein neues Mittel friedlicher Beilegung eines Streites in Erwägung 
zu ziehen, das auf einer weiteren Verwertung vermittelnder Mitwirkung dritter 
Staaten beruht und den Zweck hat, in dem kritischen Zeitpunkt des Streites?), 
da der Bruch zwischen den Streitteilen unheilbar zu sein scheint, doch noch 
ein letztes Mittel zur Erhaltung des Friedens nicht unversucht zu lassen. Es 
ist dies die besondere Vermittlung, deren Anwendung in folgender Form 
empfohlen wird2), 
Die Anwendung des Mittels ist dem freien Ermessen der Streitteile anheimgegeben ; 
in dieser Richtung ist auf Umstände, welche die Anwendung gestatten, auch noch 
ausdrücklich (Art. 8 Abs. 1) hingewiesen; ferner ist die Anwendung für ernste, den Frieden 
gefährdende Streitigkeiten in Aussicht genommen. Während in den normalen Fällen der Ver- 
mittlung die Beziehungen der Streitteile noch ein Einverständnis über die Wahl bezw. die 
Annahme eines Vermittlers zulassen, wird bei der besonderen Vermittlung von jenem Stadium 
der Sache ausgegangen, in welchem ciu solches Einverständnis nicht mchr zu erzielen ist, aber 
die Annahme einer Vermittlung doch noch nicht schlechthin ausgeschlossen ist. 
Entscheiden sich die Streittoile, für die besondere Vermittlung, so stellen sie während 
der Dauer des Auftrags, die unbeschadet anderweiter Abrede eine Frist von dreißig Tagen 
nicht überschreiten darf, jedes unmittelbare Benehmen über den Streit ein, der als aus- 
schließlich den vermittelnden Mächten übertragen gilt. Aufgabe der vermittelnden Mächte 
ist es, „alle Bemühungen aufzuwenden, um die Streitfrage zu erledigen“ (Art. 8 Abs. 3 
FA). Da es sich auch diesem Institute gegenüber nur um eine eigenartige Form der Mit- 
wirkung dritter Staaten im Sinne der Vermittlung handeln kann, so bedeutet natürlich 
jene Erledigung nicht selbst eine Entscheidung; vielmehr ist die Erledigung der Streitsache 
im juristischen Sinne auch hier Sache der endgültigen Willensentscheidung der Streitteile. 
Das freie Ermessen der Streitteile kann aber auch schon vor der Beendigung der Bemühungen 
der vermittelnden Staaten zur Geltung kommen: entweder findet eine spontane Einigung der 
Streitteile statt oder ce kommt zum Bruch und zur Anwendung der militärischen Machtmittel 
— eine Möglichkeit, die ja schon in Fällen der gewöhnlichen Vermittlung nicht ausgeschlossen 
ist. Für diesen Fall sagt aber das FA Art. S Abs. 4, „daß die vermittelnden Mächte mit der 
gemeinsamen Aufgabe betraut bleiben, jede Gelegenheit zu benutzen, um den Frieden wieder 
herzustellen.“ 
$ 154. 3. Das Schiedswesen?). I. Der Mangel einer über den Staaten 
stehenden richterlichen Autorität und Zwangsgewalt schließt nicht überhaupt 
1) Holls (CJ de la paix IV, 105 sq.) motivierte seinen Antrag mit dem Hinweis auf 
die Analogie der Lage des Streites mit jener Lage von privaten Ehrenhändeln, wo man seine 
Sckundanten oder Zeugen schickt. Der Zeuge genießt das Vertrauen seincs Freundes, dessen 
Interessen er bis zur schließlichen Entscheidung wahrnimmt. Früher konnte man drohen: 
noch einen Schritt weiter und wir haben den Krieg. Nunmehr soll es heißen: noch einen 
Schritt weiter und wir bestellen unsere Sekundanten; das ist dann ein Ultimatum ohne 
Agressivcharakter, eine Form des diplomatischen Verkehrs, wo sonst die Beziehungen ab- 
gebrochen wurden. 
2) Bei ernsten, den Frieden gefährdenden Streitfragen, wählt jeder der im Streite be- 
findlichen Staaten eine Macht, die er mit dem Auftrage betraut, in unmittelbare Verbindung 
mit der von der anderen Seite gewählten Macht zu treten, um den Bruch der friedlichen Be- 
ziehungen zu verhüten. 
3) v. Bulmerinceq HRL s. v. Schiedsspruch und HH IV, 30 ff.: Lueder HH IV, 
211ff.; Meurer, Völkerrechtliche Schiedsgerichte 1590; Rouard de Card, L’arbitrage in- 
 
	        
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