8 154. Das Schiedswesen. 441
jede richterliche Entscheidung von internationalen Streitfällen aus. Eine
solche ist vielmehr möglich und zu allen Zeiten in der Gestalt des Schieds-
spruchs von den Völkern verwertet worden. Der Schiedsvertrag, durch
den sich die Streitteile gegenseitig verpflichten, den Streitfall vor ein Schieds-
gericht (Schiedsrichter, schiedsgerichtliche Kommission) zu bringen und sich
dem Schiedsspruch zu unterwerfen'), ist der dem Völkerrecht als autonomen
Recht unabhängiger Staaten entsprechende Weg, einen Streitfall in friedlicher
Weise durch Prozeß und Urteil zu rechtlicher Entscheidung zu
bringen. Der Wert dieses Mittels wurde schon im Altertum und im Mittelalter
erkannt. In der neuesten Zeit hat der Wert dieses Mittels den Gedanken obli-
gatorischer Anwendung des Schiedsspruchs in den Vordergrund der publi-
zistischen und wissenschaftlichen Diskussion in Friedensgesellschaften, gelehrten
Vereinigungen, interparlamentarischen Konferenzen u. s. w. gerückt. Dabei
wurde vielfach die Wirksamkeit dieses Mittels überschätzt: man träumte von
einem alle Völkerkonflikte lösenden Völkertribunal?) und wollte in der inter-
nationalen Schiedssprechung das absolute Mittel der Erhaltung des Friedens
erblicken?). Die mächtigste Förderung der Schiedsgerichtsidee durch einen
ternational 1877; Derselbe Les destin6ges de l’arbitrage international depuis la sentence
rendue par le Tribunal de Gendve 1892; mit Rücksicht auf die erstere Schrift vgl. R IX,
455 sq.; Descamps, Die Organisation eines internationalen Schiedsgerichts (übers. von
Fried); Kamarovsky, Le Tribunal international RIX, 261 sq.; dazu R XIX, 229; Rolin-
Jaquemyns, De l'arbitrage comme moyen d’accomoder les differences entre nations 1883 ;
de Laveleye, Des causes actuelles de guerres en Europe et de l’arbitrage 1873: Lucas, De
la substitution de l’arbitrage & la voie des armes pour le reglement des conflits internationaux
(Seances et traveaux de l’acad&mie des sc. mor. et pol. XXX, 415 sq.; Pierantoni, Gli ar-
bitrati internazionali 1872; Pradier-Fode&re, La question de l’Alabama 1872; W.B. Law-
rence, Note pour scrvir & l’histoire des arbitrages intern. R VI, 117 sq.; Pasqnale Fiore
R XXX, 1 sq.; M&ringhac, De l’arbitrage intern. 1895; Besson, L’arbitr. intern. et la
codific. du dr. des gens 1898; d’Avril, De l’arbitr. intern. 1898; Walmig?re, De l'arbitrage
intern. 1898; Laglande, De la clause compromissoire et des traites d’arbitr. perm. dans le
dr. intern. moderne 1899; Moore, History and Digest of the arbitrations to which the U.
S. had been a party 6 Bände (1898); Darby, Intern. arbitration 1904 ı4. Ausg); Dumas,
Les sanctions de l’arbitrage intern. 1905; Politis RG IX, 202, 406, X 69; Streit R
XXXIV, 24; Heffter-Geffcken 88 488—498; F. v. Martens II, 458 ff.; Rivier, Lehrb.
366 ff.; Derselbe, Principes II, 166 sq.: Despagnet, Cours 669 8q.; Gareis & 78;
v. Liszt 8 38; Oppenheim Il, 15 eq; Bonfils-Fauchille-Grah, 495 ff. — Lafon-
taine, Histoire sommaire et chronologique des arbitrages internationaux (1794—1900) R
AÄXXIV 349, 558, 623; Hubbard, La Justice intern. 1903 ff.; De Lapradelle et Politis,
Recueil des arbitrages internationaux I (1798—1856) 1905. — Meurer HFKI, 166 ff.; Holis,
The peace conference at the Hague (1900); F. v. Martens, La conference de la paix ä la
Haye (1900); M&ringhac, La conference internationale de la paix (1900).
1) Art. 15 FA spricht diesen Gedanken dahin aus, daß hier Streitigkeiten der Staaten
duorch Richter ihrer Wahl auf Grund der Achtung vor dem Recht erledigt werden.
2) 8. dagegen Nippold, Die Fortbildung u. s. w. 158 ff.
3) Eine mächtige Anregung fand das Interesse für die vorliegende Frage in dem am
14. September 1872 in Genf in der Alabama-Angelegenheit ergangenen Schiedsspruch. Vgl.
Geffcken, Die Alabama-Frage (1872): Rivier, Bibl. univ. et rev. Suisse (Lausanne 1872);
Die Materialien des Alabama-Falles s. in: The case of the United States to be laid before
the Tribunal of arbitration to be convened at Geneva etc. Washington, Government prin-
ting office, 1871. Ein vollständiges Bild der Fortschritte der Idee der schiedsgerichtlichen Ent-