Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

464 Achtes Buch. Die intern. Streitigkeiten u. deren Erledigung etc. $ 165. 
  
  
selbst anerkannten Geltung des Völkerrechts für diesen Kontinent. Gleich- 
zeitig vindiziert sich aber die Union bezüglich der übrigen amerikanischen 
Staaten ein ausschließliches Interventionsrecht. Die formelle Grundlage 
dieser Doktrin ist die Botschaft des Präsidenten Monroe vom 3. Dezember 
1823. Den in dieser Botschaft ausgesprochenen Ideen kommt in der Tat nur 
die Bedeutung einer Doktrin zu; sie hat keine rechtlich bindende Kraft für 
die anderen Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, weil sie nur eine 
Regel für das politische Verhalten (a rule of policy) der Union bilden kann. 
Für den Inhalt dieser Doktrin sind die $$ 7, 4S, 49 der Botschaft maßgebend; sie ent- 
halten zwei Erklärungen: die eine schließt jede neue Erwerbung von Kolonien seitens eurv- 
päischer Mächte auf dem amerikanischen Kontinent !), die andere jede Intervention europäischer 
Mächte in inneren Angelegenheiten amerikanischer Staaten aus?\. Die neucste Politik der 
Vereinigten Staaten greift vielfach in der Anwendung jener politischen Regel über deren 
Wortlaut und die Meinung Monroe’s hinaus; so, wenn Präsident Grant in seiner Botschaft 
erklärte, daß die amerikanischen Besitzungen europäischer Mächte nicht einen Gegenstand 
von Gebietszessionen an eine europäische Macht bilden dürfen, und daß diese Besitzungen 
nur eine einzige staatsrechtliche Veränderung erfahren könnten, nämlich die Erlangung staat- 
licher Selbständigkeit. Die Zession der Insel St. Bartlielömy an Frankreich auf Grund einer 
Übereinkommens mit Schweden (1877) steht aber mit dem Wortlaut der Monroe’schen Bot- 
schaft durchaus nicht in Widerspruch. Wie jene Ausführungen des Präsidenten Grant, sw 
soll auch der Ausschluß schiedsrichterlicher Beteiligung einer europäischen Macht an den 
politischen Streitigkeiten amerikanischer Staaten eine logische Konsequenz der Monroedoktrin 
sein; damit wird den amerikanischen Staaten das Selbstbestimmungsrecht in der Wahl eines 
Schicdsrichters geradezu abgesprochen und die Monrvedoktrin in einer die Grundlagen des 
Völkerrechts ignorierenden Weise zu Gunsten der Union interpretiert. Am weitesten ging 
die Union ncuestens in dem Grenzstreit zwischen England und Venezuela, dessen Ordnung 
sie sich schlechthin vindizierte?). 
$ 165. II. Der Krieg.‘) Begriff des Krieges. I. Unter Krieg versteht 
man die Unternehmung militärischer Gewalthandlungen von zwei oder mehreren 
  
1) Diese Erklärung wurde mit Bezug auf die zwischen Rußland und England streitigen 
Nordwestgrenzen abgegeben. 
2) Die zweite Erklärung wendet sıch gegen den Versuch der europäischen Mächte, zu 
Gunsten Spaniens bezüglich der abgefallenen amerikanischen Kolonien zunächst durch Ein- 
berufung eines europäischen Kongresses einzuschreiten und das politische System dor heiligen 
Allianz auf Amerika auszudehnen. 
3) Näheres darüber bei Desjardins, I. c. insbesondere p. 156 sq. 
4) Lueder HH IV, 171ff. (mitreicher Literaturangabe); Geffcken, Seekriegsrecht, ebenda 
547 ff. — Vgl. im übrigen Berner, s. v. Krieg, Kriegsrecht in Bluntschlis Staatswörterbuch; 
Heffter-Geffcken$$ 113ff.; F.v.Martens II, 476ff.; Perels, Internationales Seerecht 317 ff.; 
Bluntschli, $$ 510ff.; Lentner, Das Recht im Kriege (auf Grund der Brüsseler Deklaration) 
1550; Triepel, Die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete des Kriegsrechts (1894); Heilborn. 
System 321ff. und HKRE. Wööff.; Gareis, 8 79ff.; v. Lißt, $ 39ff.; Rettich, Zur Theorie 
und Geschichte des Rechts zum Kriege (1888): v. Hartmann, Kritische Versuche (Militärische 
Notwendigkeit und Humanität) in „Deutsche Rundschau“ XIII, XIV; Rüstow, Kriegspolitik 
im Kriegsgebrauch (1879); Ratzenhofer, Die Staatswehr (18$1): A. Zorn, Das Kriegsrecht 
zu Lande in seiner neuesten Gestaltung {1906); Wagner, Zur Lehre von den Streiterledigungs- 
mitteln 90ff.; Calvo, $8$ 1860 sq.; Guelle, Preceis des lois de la Guerre sur terre (1548); 
Derselbe, La guerre continentale et les personnes (1881): Funck-Bretano et Sorel. 
Precis du droit des gens 231 sq.; Wiesse, Le droit international appliqu& aux guerres civiles 
(1595); Pillet, Les lois actuelles de la guerre (1598); Rivier, Principes Il $61 3q.; Rougier. 
Les guerres civiles et le droit des gens 11903); Leroy, La guerre maritime etc. (1900);
	        
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