474 Achtes Buch. Die intern. Streitigkeiten u. deren Erledigung etc. $ 173.
katorien, d.i. die Zurückberufung von Untertanen, die sich im feindlichen
Lande aufhalten, bezw. der Militärpflichtigen, ohne Rücksicht auf den Ort
ihres Aufenthalts'). Eine gleichzeitige Maßregel gegenüber den eigenen Un-
tertanen ist ferner die Proklamierung des Kriegs- oder Standrechts?),
— Gegenüber den Angehörigen des feindlichen Staats kann von der Aus-
weisung Gebrauch gemacht werden; die Maßregel ist aber in der Art zu voll-
ziehen, daß den von der Ausweisung Betroffenen eine angemessene Frist zur
Abwicklung ihrer Angelegenheiten offen gehalten wird. In früherer Zeit kam
es auch vor, daß namentlich Militärpflichtige an der Rückkehr in ihr Heimat-
land verhindert wurden. Ebenso findet heute die Belegung feindlicher Privat-
schiffe, die sich in den Häfen befinden, mit Embargo nicht mehr statt. —
Da der Kriegszustand den friedlichen Verkehr der Streitteile aufhebt, so ist
eine der ersten Maßregeln die Abberufung resp. Zurücksendung der diplo-
matischen Agenten; die amtliche Wirksamkeit der Konsuln wird eingestellt.
$ 173. Wirkungen des Kriegsausbruchs®). I. Nach heutiger An-
schauung bedeutet die Eröffnung des Kriegszustandes nicht den Ausschluß der Gel-
tung jeglicher rechtlicher Normen. Den vielfachen Beschränkungen und Pflichten,
welche der Krieg den Angehörigen der beiden Kriegsteile, den neutralen Staaten
und deren Angehörigen auferlegt, stehen Rechte und Ansprüche gegenüber.
Abgesehen von den Fällen der Ausweisung der feindlichen Staatsangehörigen
gilt heute die Regel, daß diese Personen in dem Lande verbleiben können.
Ebenso hört der Verkehr, insbesondere der Handelsverkehr der Angehörigen der
kriegführenden Staaten nicht auf, soweit er nicht in Folge der Kriegsnot-
wendigkeit beschränkt oder geradezu untersagt wird. In derlei Fällen pflegt
eine angemessene Frist zur Abwicklung der laufenden Geschäfte gewährt zu
werden. Auch der Rechtsverkehr wird durch den Ausbruch des Krieges nicht
unterbrochen oder gehemmt. Die nach Landesrecht früher übliche zeitweise
Aufhebung der Klagbarkeit von Schuldverbindlichkeiten des Staates oder seiner
Angehörigen gegen Angehörige des Feindes ist durch Art. 23 lith HKR. unter-
sagt. — Den Staatsangehörigen ist die Beteiligung an Rechtsgeschäften, die
dem feindlichen Staate Vorteile sichern, insbesondere die Beteiligung an öffent-
lichen Anleihen untersagt.
II. Die Gültigkeit der Staatsverträge erlischt auch nach Ausbruch des
Kriegesunter den Kontrahenten nicht ipso jure. Gewisse, gerade mit Rücksicht
1) Früher ist es mitunter vorgekommen, daß der Feind, wenn er sich in den Besitz
des Landes gesetzt hat, die Landeskinder durch Dehortatorien, Inhibitorien nnd Avokatorien
von der Unterstützung ihres Landesherrn, bezw. von der Befolgung der militärischen Anorl-
nungen abzumalhnen unternommen hat.
2) Vergl. Art. 6$ Deutsche Reichsverfassung, & 4 EG z. DRStGB, $ 9 Deutsches
Mil. StGB.
3 Lucder, RI IV S. 351 ff.; Heffter-Geffcken $$ 122—123; Gareis $ SLfL;
v. Liszt 39; Rivier, Lehrb. 372; Masse, Le droit des gens dans ses rapports avec le droit
commercial et le droit eivil (1574, 8. Aufl.) 1$$ 137 sq.; Halleck, Laws of war (Intern. law
Ausg. von Baker II $ 23); Travers Twiss II S$ 41 sq.; Oppenheim II $$ 97sq.; Bon-
fils Sr. 1014 549. Despagnet, Cours p. 521sq.,; Sainte-Croix 1. ec. 167 sq.; Pillerl.
c. 72 8q.