Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

480 Achtes Buch. Die intern. Streitigkeiten u. deren Erledigung etc. 8 177. 
  
über den Zweck militärischer Operationen zu täuschen, ihn irre zu führen 
durch falsche Nachrichten u. s. w. Es ist insbesondere erlaubt, durch Kund- 
schafter oder Spione Nachrichten über die Pläne und Absichten des Feindes und 
anderweite Auskünfte einzuholen. Das HKR Art. 29 bezeichnet als Spion !) nur 
den, der heimlich oder unter falschem Vorwand in dem Operationsgebiet 
eines Kriegführenden Nachrichten einzieht oder einzuziehen sucht in der Ab- 
sicht, sie der Gegenpartei mitzuteilen). Der Fortschritt, den das HKR hier auf- 
weist, besteht vor allem darin, daß die Behandlung des Spions nach materiellem 
und formellem Strafrecht in allen Fällen der Ergreifung gesichert ist; der 
in dem innerstaatlichen Recht ausgebildete und geübte Kriegsgebrauch, nach 
welchem der auf frischer Tat ergriffene Spion ohne rechtliches Verfahren 
sofort getötet werden konnte, ist durch Art. 30, der auch in solchen Fällen 
ein Urteil erfordert, beseitigt. Das Vorgehen gegen den Spion hat daher 
auch nicht mehr in den Fällen jenes Kriegsgebrauchs den Charakter eines 
unmittelbar wirksamen Sicherungs- oder Abschreckungsmittels; Sicherung und 
Abschreckung erscheinen vielmehr auch hier als praktische Funktionen der 
Bestrafung des Spions. Ferner verbietet Art. 31 die Ahndung einer früher 
begangenen Spionage: wurde der Spion, welcher zu seinem Heere zurück- 
gekehrt ist, vom Feinde gefangen genommen, so kann er wegen der früher 
begangenen Spionage nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden; er ist 
als Kriegsgefangener zu behandeln. — Rekognoszierungen sind militärische 
Mittel der Orientierung; der dabei Ergriffene wird als Kriegsgefangener be- 
handelt. Dagegen rechtfertigt die Kriegsnotwendigkeit die Anwendung des 
Kriegsrechts gegen Personen, die von dem von einem Kriegsteil besetzten 
Gebiete aus Mitteilungen über Positionen und Pläne an den Gegner gelangen 
lassen. — Die Führer eines Luftballons, der zu kriegerischen Zwecken von 
dem Gegner benutzt wird, werden gefangen gesetzt, die Depeschen u. s. w. 
werden ihnen abgenommen. — Des Kriegsverrats macht sich schuldig, wer 
absichtlich feindliche Truppen irreführt oder, von diesen zur Führung ge- 
zwungen, absichtlich falsche Wege weist. 
$ 177. Die Kriegsgefangenen?). 1. Im Gegensatze zu der rechtlosen 
Stellung der Kriegsgefangenen in älterer Zeit kommen im geltenden Reclıt 
  
1) Über Spionage vgl. Gareis, $ S4; Eichelmann, a. a. O.; A. Adler, Die 
Spionage (1906); Oppenheim, II, $$ 159 sq.,; A. Zorn, 174ff.; Meurer; HFK II, 17uff. 
2) Demgemäß gelten nicht als Spione die in Abs. 2, Art. 29 bezeichneten Militärpersonen, 
die in das Operationsgebiet des Gegners eingedrungen sind, ferner Militärpersonen und Nicht- 
militärpersonen, die einen Auftrag, Mitteilungen an ihr eigenes oder das feindliche Heer zu 
überbringen, offen ausführen, die in Luftschiffen befördert werden. 
3) Lueder, HH IV 8. 425ff.; Heffter-Geffcken $$ 127-129; Eichelmann, Uber 
die Kriegsgefangenschaft (187%); Kasparek in Grünhuts Ztschr. f. d. Privat- und öffentliche 
Recht der Gegenwart IX S. 680ff.; F. v. Martens Il S. 49sff.; Bluntschli, Völkerrecht 
$s 593—626; Rivier, Lehrb. S. 404ff.; Triepel, Die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete 
des Kriegsrechts S. 41ff.; Travors Twiss, The Law of nations 11 380 sq.; Oppenheim II 
$ 125sq.; Guelle, 1. c.Ip. 187sq.; Romberg, Des belligerants et des prisonniers de guerre 
(1594; Cros, Condition et tracteinent des prisonniers de guerre (1900); HKR Art. 4—20 
dazu A. Zorn, 73ff.: Meurer, HFK 11, 112 ff.
	        
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