Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

8 178. Die Verwundeten und Kranken. 483 
  
gegenüber haben humanitäre Anschauungen schon in früherer Zeit in Verein- 
barungen der Kriegführenden sich geltend gemacht; insbesondere wurde die 
Unverletzbarkeit der Verwundeten und Kranken und deren Pfleger ohne 
Rücksicht auf die Nationalität stipuliert!),. In neuester Zeit fand diese 
wichtige Materie ihre internationale Regelung durch die „Genfer Konvention“ 
vom 22. August 18642). An deren Stelle ist die Konvention vom 6. Juli 1907 
getreten. 
Die Anwendung der Konvention war auf den Landkrieg beschränkt. Durch die Kon- 
ventiop (II) der HK 1899 wurde sie auf den Seekrieg ausgedehnt; zu ihrer Anwendung sind 
auch jene Mächte verpflichtet, welche ihr bisher nicht beigetreten waren, die aber das HKR 
angenommen haben. Die Schlußakte der HK 1599 hatte den „Wunsch“ auf baldigen Zu- 
sanımentritt einer besonderen Konferenz zum Zwecke der Revision der Genfer Konvention 
ausgesprochen. Diese Konferenz trat amı 11. Juni 1906 in Genf zusammen. Das Ergebnis 
der Verhandlungen ist die von 36 Staaten am 6. Juli 1906 unterzeichnete Konvention, die 
  
Geschichte der internationalen und freiwilligen Krankenpflege im Kriege (1873); Schmidt- 
Ernsthausen, Das Prinzip der Genfer Konvention (1874); Treuenpreuß, Das rote Kreuz 
im Völkerrecht und Vereinswesen; Loeffler, Das preußische Militärsanitätswesen und seine 
Reform; Pezet de Corval, Die Genfer Konvention und die Hilfsvereine; v. Kirchen- 
heim in v. Stengel’s Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts 8. v. „Kriegssanitäts- 
wesen“: Gareis in der „Deutschen Revue“ II; Ders., Die Weiterentwicklung des Prinzips 
der Genfer Konvention in den letzten dreißig Jahren (Festrede 1895); Bircher, Die Revision 
der Genfer Konvention (1593); Triepel, Die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete des 
Kriegsrechts (1894); Müller, Entstehungsgeschichte des roten Kreuzes u. d. Genfer Konv. 
(1807); Münzel, Untersuchungen über die Genfer Konv. (1901); Gillot, La revision de la 
Convention de Gen®ve (1902); Holland, Studies 61 sq.; Ders., War p. 45sq. — Neuestens 
Meurer HFK II, 341 ff. — Heffter-Geffcken $ 126; Bluntschli, Völkerrecht $$ 92 ff.; 
F. v. Martens II S. 500 ff.; Rivier, Lehrb. 402 — Principes Il 265 ff.; Pillet, 165 sq.; 
Bonfils p. 1108 sq.; Oppenheim Il s$ 118 sq. 
1) Seit 1581 bis 1864 wurden 300 Verträge der obigen Art geschlossen. Rivier, Lehrb. 
S. 402 Anm. 2; F. v. Martens I1lI S. 501; Gurlt zählt 251 Verträge dieser Art auf. — 
Besonders bemerkenswert ist der Vertrag zwischen Preußen und Frankreich vom 7. Sep- 
tember 1759. Vgl. Lueder, Genfer Konvention S. 21. 
2) Abgedruckt bei Fleischmann 69. — Es ist das unvergängliche Verdienst des 
Schweizer Arztes Dunant und des Präsidenten der Genfer gemeinnützigen Gesellschaft 
Moynier, die Realisierung der humanitären Idee, welche in der Genfer Konvention ihre Ver- 
wirklichung gefunden hat, zum Gegenstande des öffentlichen Interesses gemacht zu haben 
und für sie in erfolgreichster Weise tätig gewesen zu scin. Der schweizerische Bundesrat 
ergriff in seinem Einladungsschreiben an die Mächte vom 6. Juni 1864 die diplomatische Ini- 
tiative. — Die Reformbedürftigkeit der Konvention trat namentlich seit dem Kriege im Jahre 
1866 hervor. Beachtenswerte Reformvorschläge und Vorarbeiten sind seither hervorgetreten. 
Es kommen in dieser Richtung in Betracht: die Beratungen der Berliner Militärsanitätskon- 
ferenz im Jahre 1867, der Delegirtenversammlung der deutschen Hilfsvereine zu Würzbura 
und die Pariser Konferenz vom selben Jahre, die Genfer Konferenz vom Jahre 1565, die eine 
Reihe von Zusatzartikeln annahm, von denen zehn die Anwendung der Genfer Konvention 
auf den Seekrieg aussprachen (Vgl. Ferguson, The Red Cross alliance at sea 1872). Diese 
Beschlüsse (Martens, Nouveau Recueil gen. XVIII p. 612) sind ohne Ratifikation geblieben; 
indessen haben die Regierungen einseitig die Anwendung der Additionalartikel verfügt (vgl. 
Lueder, Genfer Konvention S. 135 ff., 194 ff.; HH IV S. 306 ff., 313 f£., 319 ff., 328 ff.). 
Ferner hatte sich die Brüsseler Konferenz (1874) eingehend mit dem Gegenstande befaßt. 
Verbesserungen enthält das Manuel des Instituts f. intern. Recht. In der Literatur steht in 
erster Reihe das Luedorsche Werk, ferner Triepel a. a. O. S. 9 ff. 
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