8 182. Die Blokade. 491
betonten Schädigung des Handels des Gegners mit den Angehörigen der neu-
tralen Staaten zusammen. Die Blokade ist die durch Seestreitkräfte bewirkte
Absperrung eines Hafens, einer Küstenstrecke oder einer Flußmündung zum
Zwecke der Verhinderung der Zufuhr und Ausfuhr von Waren irgend welcher
Art sowie der Beförderung von Personen, Postsendungen usw. Diese Kriegs-
handlung fungiert allerdings ihrem Zwecke zufolge als Mittel, den Widerstand
des Gegners zu brechen; sie ist aber in ihrer Anwendung notwendig zugleich
gegen das Interesse der Neutralen an der Fortsetzung ihres friedlichen Verkehrs,
insbesondere des Handelsverkehrs mit beiden Kriegsparteien, gerichtet. Die
mit der Anwendung der Blokade notwendig verknüpfte Kollision der Interessen
der Kriegführenden und Neutralen läßt es erklärlich erscheinen, daß die völker-
rechtliche Regelung dieses Gegenstandes gleichen Schritt mit der Ausbildung
des Neutralitätsrechts hielt und die Blokade erst in der Neuzeit als völker-
rechtliches Institut zur Geltung gekommen ist. Erst auf dem Boden völker-
rechtlicher Normen, aus denen die Neutralen den Anspruch auf Anerkennung
ihrer Interessen gegenüber den Kriegführenden ableiten durften, war auch die
Möglichkeit rechtlicher Schranken der Anwendung der Blokade gegeben. Die
rechtlich unbeschränkte Anwendung dieser Maßregel führte dahin, daß die
Kriegführenden den Neutralen den Verkehr mit den Häfen des Gegners schlecht-
hin verboten, indem sie betreffende Plätze oder Häfen für blokiert erklärten,
ohne entsprechende militärische Machtmittel zur tatsächlichen Verhinderung des
Verkehrs aufzuwenden. So entstand die sog. fiktive (oder papierne) Blokade
— blocus sur papier.
Der Gebrauch, den die Niederländer!) in ihrem TUnabhängigkeitskampfe gegen Spanien
von dieser mißbräuchlichen Maßregel gemacht hatten, fand bei den Seestaaten, insbesondere
England, Nachahmung. In einzelnen Verträgen des 17. und 18. Jahrhunderts wurde allerdings
bestimmt, daß den Kriegführenden eine Repressivgewalt gegen neutrale Schiffe nur dann
zustehen soll, wenn der für blokiert erklärte Hafen mit genügenden Machtmitteln wirklich
eingeschlossen ist; allein diese partikularrechtliche Sicherung der Interessen der Neutralen war
durchaus unzureichend. Gegenüber den Mißbräuchen, die in den großen Scekriegen des
vorigen Jahrhunderts namentlich seitens Englands geübt wurden, bedurfte es einer die In-
teressen der Neutralen in prinzipieller Allgemeinheit in das Auge fassenden Aktion der neu-
tralen Staaten selbst. Die bewaffnete Neutralität von 1750, die den Wendepunkt in der Ent-
wicklung des Neutralitätsrechts bedeutet, suchte auch bezüglich der Voraussetzungen einer von
den Neutralen zu respektierenden Blokade Wandel zu schaffen und rechtliche Grundsätze zur
Anerkennung zu bringen, die dem Wesen und Zweck dieser Kriegshandlung sowie den In-
teressen ‘des neutralen Handels entsprechen. Der Grundsatz IV der Stipulationen der be-
waffneten Neutralität erklärt: „que pour däterminer ce qui caracterise un port bloque, on
n’accorde cette determination qu’& celui oü il y a par la disposition de la puissance qui
P’attaque avec des vaisseaux arretes et suffisamment proches un danger &vident d’entrer.“
Indessen, dieser Grundsatz, gegen den England protestierte, wurde seither von den Kontra-
henten selbst verletzt. Die zweite bewaffnete Neutralität von 1800 verschärfte die Voraus-
setzungen des Repressivrechts der Kriegführenden gegen Blokadebruch, insofern eine Kon-
demnierung nur zulässig sein sollte, wenn das neutrale Schiff ungeachtet der Warnung seitens
des Kommandanten der blokierenden Streitkräfte mit Gewalt oder List in den Hafen einzu-
1) 1584 erklärten die Niederländer die in den Händen Spaniens befindlichen Häfen
Flanderns für blokiert, ohne daß eine wirksame Absperrung stattgefunden hätte. Siehe
Näheres bei Fauchille ]. c. p. 80 sq.