& 198. Beendigung des Krieges durch Friedensschluß. 541
schluß kann von dem einen oder anderen Streitteil, sie kann auch von neutralen
Mächten ausgehen. Das Motiv des Friedensschlusses kann verschieden sein;
ist der Streitgegenstand genau begrenzt, so ist auch der Zweck des Krieges
von vornherein klar vorgezeichnet; es wird daher die Erreichung des Zweckes,
beziehungsweise die Unmöglichkeit, durch Fortsetzung der Feindseligkeiten
den Zweck zu erreichen, in der Regel das Motiv der definitiven Beendigung
des Krieges sein. Hatte der Krieg seine Ursache in einer Kollision politischer
Interessen, die an einen bestimmten Streitgegenstand oder einen bestimmten
Anspruch nicht geknüpft sind, so ist das Stadium, in welchem der Kriegszweck
als erreicht anzusehen ist, schwer bestimmbar; es wird — soweit nicht der
Einfluß dritter Mächte im Interesse des Friedens sich geltend macht — das
Ermessen des Siegers in politischer und militärischer Beziehung für die Be-
endigung der Feindseligkeiten entscheidend sein.
Der Friedensschluß bedeutet die definitive Einstellung der Feindseligkeiten; der
neuerliche Kampf zwischen den Kontrahenten ist ein neuer Krieg, während die Wiederaufnahme
der Feindseligkeiten nach Ablauf eines Waffenstillstands die Fortsetzung des Krieges bedeutet.
Während der Waffenstillstand befristet sein kann, ist die Beschränkung des Friedens auf
eine Frist begrifflich ausgeschlossen.!)
Die Abschließung eines Friedensvertrags ist nach dem oben über die Debellatio Be-
merkten nur möglich, wenn der Besiegte trotz der Niederlage seine völkerrechtliche Subjek-
tivität noch behauptet hat. — Die Frage, wer zur Abschließung des Friedensvertrags legitimiert
sei, ist nach dem Verfassungsrecht der beteiligten Staaten zu beantworten ; es gibt insbesondere
keinen allgemeinen Rechtssatz, dem zufolge dasjenige staatliche Organ, das Krieg erklärt hat,
allemal auch zur Abschließung des Friedens legitimiert wäre.2). — Die allgemeinen Regeln
tiber Abschließung von Staatsverträgen finden auch auf Friedensverträge volle Anwendung.
Dem eigentlichen Friedensvertrag (definitiven Frieden) pflegen Friedenspräli-
minarien oder ein Präliminarfrieden vorauszugehen.?) Wurde kein Waffenstillstand
geschlossen, so ist der nächste Zweck der Präliminarien die Einstellung der Feindseligkeiten.
In den Präliminarien einigt man sich zumeist über eine Reihe von Vorfragen (über den Ort
und die Art der Verhandlungen usw.). In sachlicher Beziehung sind jene Präliminarien von
besonderer Bedeutung, in denen die Hauptpunkte des Friedensvertrags formuliert werden; die
Regelung der Details bleibt dem Friedensvertrage vorbehalten.*) Die Präliminarien verpflichten
1) Derlei befristete Friedensverträge, die in der Geschichte vorgekommen sind, sind
doch nur Waffenstillstandsverträge. Auf diese beschränkte sich die Pforte gegenüber den
christlichen Staaten bis zum Jahre 1774 (Vertrag von Kutschuk-Kainardschi), da der Koran
ewigen Krieg gegen die Ungläubigen vorschreibt.
2) Im Deutschen Reich (Art. 11 RV) hat der Kaiser den Krieg zu beendigen und ist
nicht wie bei anderen Verträgen an die Zustimmung des Bundesrats gebunden. — ‚Bezüg-
lich anderer Staaten siehe die bei v. Kirchenheim a. a. O. (8. 798 Anm. 3) allegierten Ver-
fassungsgesetze.
3) Beispiele: Die Friedenspräliminarien von Villafranca vom 11. Juli 1859, definitiver
Frieden in Zürich vom 10. November 1859; Präliminarien von Nikolsburg vom 26. Juli 1866,
Frieden in Prag vom 23. August 1866; die Präliminarien von Versailles vom 26. Februar 1871
definitiver Frieden in Frankfurt a. M. vom 10. Mai 1871. Im Krimkrieg wurden die Grund-
lagen des Definitivfriedens in einem einfachen Protokoll vom 1. Februar 1856 fixiert; defini-
tiver Frieden in Paris vom 30. März 1856.
4) Mit Bezug auf die Friedenspräliminarien von San Stefano vom 3. März 1878 stellt
F. v. Martens II S. 543 die Meinung auf, daß Präliminarfrieden heute „die Bedeutung von
Probeversuchen (haben), um zu erfahren, inwieweit die stipulierten Bedingungen etwa Wider-
spruch oder Zustimmung auf Seiten dritter neutraler Mächte finden dürften.“