542 Achtes Buch. Die intern. Streitigkeiten u. deren Erledigung etc. $ 199.
die Kontrahenten. — Gibt der Inhalt eines Präliminarfriedens dritten Mächten Anlaß zum
Eingreifen insbesondere durch Stellung des Antrags anf Einberufung eines Kongresses, so findet
der definitive Abschluß des Friedens unter Mitwirkung dieser Mächte statt. So hat der Zu-
sammenhang der Ergebnisse des russisch-türkischen Kriegs (1877—1878) mit der durch den
Pariser Vertrag von 1856 erfolgten Ordnung der orientalischen Frage England zu einem
Protest gegen den Präliminarfrieden von San Stefano vom 3. März 1878 veranlaßt und zur
Einberufung eines Kongresses (in Berlin) geführt. Der Berliner Vertrag vom 13. Juli 1878!)
stellte die definitiven Bedingungen des Friedens und des künftigen Verhältnisses der Streit-
teile fest.
Für das Verhalten von Verbündeten bei der Abschließung des Friedens ist der Bündnis-
vertrag entscheidend. Jedenfalls hat der einzelne Verbündete nur im Einvernehmen mit den
anderen sich auf Friedensverhandlungen einzulassen. — Hat eine dritte an dem Kriege ursprüng-
lich nicht beteiligte Macht das von dem einen Kriegsteil besetzte Gebiet des anderen befreit,
so hat sie Anspruch auf Mitwirkung bei der definitiven Erledigung des Streites. Die regel-
mäßige Grundlage des Friedenschlusses ist der status quo post bellum (das sog. uti possidetis)
— nicht die notwendige, da das politische Ermessen des Siegers, zuweilen auch der Einfluß
dritter Mächte (namentlich in Fällen der Abschließung des Friedens durch einen Kongreß)
Modifikationen herbeiführen können.
$ 199. Form und Inhalt der Friedensverträge?).. Aus naheliegenden
Gründen bildet die schriftliche Form der Abschließung der Friedensverträge
die Regel. Im übrigen gelten auch bezüglich der Form die für die Staats-
verträge im allgemeinen anerkannten Grundsätze. Im Hinblick auf die Wichtig-
keit der Friedensverträge wurden seit ältester Zeit solenne Förmlichkeiten
bei Abschließung dieser Verträge beobachtet, die in neuester Zeit teilweise
außer Uebung gekommen sind. Ebenso beschränkt man sich heute bei der
Publikation der Friedensverträge auf die für Verträge überhaupt landes-
rechtlich vorgeschriebene Form. — Der Inhalt des Vertrags ist in Artikel
gegliedert; man nennt allgemeine Artikel diejenigen, welche in den Friedens-
verträgen regelmäßig wiederkehren, besondere Artikel jene, in welchen die
Bedingungen enthalten sind, unter denen der konkrete Friedensschluß zustande
gekommen ist. Außerdem unterscheidet man Separatartikel, die sich auf
die Ausführung des Friedens beziehen, auch wohl zuweilen Reservationen
enthalten. In Additionalübereinkommen pflegen durch besondere Be-
vollmächtigte einzelne Punkte des Hauptvertrags geregelt zu werden?). Zusatz-
bestimmungen (wie auch Separatartikel) können öffentliche oder geheime‘) sein.
Mit Rücksicht auf den Inhalt unterscheidet man Friedensverträge, in
denen die Kontrahenten sich auf die wesentliche Bestimmung eines jeden der-
artigen Vertrages, nämlich die Wiederherstellung des Friedensstandes, be-
1) Siehe diesen Vertrag bei Fleischmann 148.
2) v. Kirchenheim a. a. O. S. 802 ff.; Bluntschli, Völkerrecht $$ 708 ff.; Rivier,
Prineipes II p. 451 sq.
3) Derlei Übereinkommen sind in mehrfacher Richtung notwendig, wenn der Aus-
gang des Krieges territoriale Veränderungen herbeigeführt hat. So waren zahlreiche Kon-
ventionen in Ausführung der Stipulationen des Frankfurter Friedens vom Jahre 1871 not-
wendig. Recucil des traitiös, conventions, lois, decrets et autres actes relatifs A la paix avec
P’Allemagne 1972—1579 (2 Bde; Valfrey, Traite de Francfort 1872 (2 Bde.)
4) Beispiel: Die am 22. August 1866 zwischen Preußen und den süddeutschen Staaten
abzeschlossenen Bündnisverträge wurden im April 1867 veröffentlicht.