Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

& 12. Hauptpunkte des Entwicklungsgangs des Völkerrechts. 59 
  
erließ die Regierung der Vereinigten Staaten eine Instruktion für ihre Kriegs- 
marine betreffend die Regeln des Seekriegs, die am 27. Juni 1900 unter dem 
Titel: The Laws and Usages of War at Sea (sogen. United States Naval War 
Code) publiziert wurde. Das Werk ist bearbeitet von Kapitän Charles 
H. Stockton und behandelt den Stoff in 9 Kapiteln und 55 Artikeln (feind- 
liche Handlungen — die Kriegführenden — feindliche und neutrale Schiffe — 
Hospitalschiffe — Schiffbrüchige, Kranke, Verwundete — das Durchsuchungs- 
recht — Kriegskontrebande — Blokade — Prisensachen — Waffenstillstand, 
Waffenruhe, Kapitulationen und Verletzungen des Kriegsrechts. 
$ 12. Hauptpunkte des Entwicklungsgangs des Völkerrechts. !) 
I. Die Geschichte des Völkerrechts ist die Geschichte der Idee der inter- 
nationalen Gemeinschaft. Diese Idee ist keine ursprüngliche, dem sozialen 
Leben der Menschen gewissermaßen immanente Idee. Während nämlich 
schon die primitivsten Formen sozialen Lebens eine wenn auch noch so 
rudimentäre rechtliche Ordnung menschlicher Gemeinverhältnisse aufweisen, 
das Recht der primitiven Gemeinschaften also schon mit deren Existenz gleich- 
sam gegeben ist, entsteht das Völkerrecht erst im Laufe der gesamten Kultur- 
entwicklung der Menschheit, denn das Bewußtsein einer Gemeinschaft der 
Staaten und Völker und das Bedürfnis einer rechtlichen Ordnung der inter- 
nationalen Gemeinverhältnisse ist selbst erst ein Ergebnis jener Entwicklung. 
Die Symptome der Entstehung und weiteren Entwicklung jenes Bewußtseins 
der Gemeinschaft treten in der Praxis und bei geistig höher stehenden Per- 
sönlichkeiten jener Völker hervor, die in der Geschichte der Menschheit eine 
höhere Stufe geistiger und sittlicher Kultur erreicht haben. Derlei universelle 
oder kosmopolitische Ideen stehen aber selbst bei den höchstentwickelten 
Völkern lange Perioden hindurch noch im Gegensatze zu den traditionellen 
Anschauungen nationaler Selbstgenügsamkeit und Isolierung und besitzen 
noch nicht die Kraft, auf die Träger der öffentlichen Gewalt im Verkehr mit 
anderen Völkern im Sinne neuer und unabweisbarer Gesichtspunkte über- 
zeugend einzuwirken. Vereinzelte Außerungen der Völkerrechtsidee kommen 
in der Staatenpraxis allerdings vor, aber auch sie erscheinen uns lediglich 
  
1) Pütter, Beiträge zur Völkerrechtsgeschichte u. s. w. (1843): Müller-Jochmus, 
Geschichte des Völkerrechts im Altertum (1818); v. Holtzendorff HH I, 159ff.; Stoerk 
in v. Holtzendorffs Rechtsenzyklopädie (Völkerrecht) 5. Aufl.; Osenbrüggen, De jure belli 
ac pacis etc, (1876); Brie, Die Fortschritte des Völkerrechts seit dem Wiener Kongreß (1890) ; 
Cybichowski, Das antike Völkerrecht (1907); v. Hoffmann, Die Entscheidung über 
Krieg und Frieden nach germanischem Recht (1907); Gareis $$ 3ff.; v. Liszt $ 3, 
Schwitzky, Der europäische Fürstenbund Georgs von Podiebrad. Ein Beitrag zur Gc- 
schichte der Weltfriedensidee (1907): v. Martens 1, 88 21ff. — Laurent, Histoire du droit 
des gens ct des relations internationales (1850); Wheaton, Histoire des progrös du droit 
des gens en Europe (1841); Fiore, I Nr. Sff.; Calvo I, 1sq.; Boufils Nr. TIff.; Des- 
pagnet Nr. 1ff.; Nys, Le droit de la guerre et les pr&curseurs de Grotius (1882); Der- 
selbe, Les origines du droit international (1894); Derselbe, Le dr. intern. I, 1ff.; Walker 
A History of the law of Nations (1899); Ward, Engquiry int. the fondation and history of 
the law of Nations (1795); Hosack, Rise and growth of the law of Nations (1853); Halleck, 
I, 18q.; Holland, Studies (1898); Oppenheim I $$ 37sq. — Picrantoni, Storia del 
diritto intern nel secolo XIX. (1876); Derselbe, Trattato di dir. intern. I (1551).
	        
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