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keinen Fall. Wenn ich mir bei einem Schuster ein paar
Stiefeln machen lasse und er sagt mir: „Drei Stunden brauche
ich mindestens dazu, wenn sie etwas taugen sollen, dann kann
ich ihm doch nicht sagen: „Nein, du sollst sie in zwei Stunden
machen.“ Und wenn mir nun meine Offiziere sämtlich sagen:
Drei Jahre brauchen wir wenigstens dazu, um aus den Re-
kruten, wie sie jetzt sind, Soldaten zu machen, die nie wieder
vergessen, was sie gelernt haben, dann kann ich ihnen doch
auch nicht sagen: Ihr sollt sie aber doch in zwei Jahren
ausbilden!“ Das geht doch nicht an!“
„Es soll aber gehn,“ sagten die Abgeordneten, „denn
wir wollen es so, und was wir wollen, muß geschehn.“
„Ja, wenn es möglich wäre,“ sagte der König.
„Wir wollen aber, daß es möglich ist,“ sagten die Ab-
geordneten. Und damit beschlossen sie, weil die Regierung
nicht nachgeben konnte, daß die Kosten der Heeresreform von
dem Voranschlag weggestrichen werden sollten. Schon im
Jahre 1862 sollte gar kein Geld für die neuen Regimenter
ausgegeben werden.
Das war nun der allertollste Beschluß. Denn den Ab-
geordneten und der Regierung war es schon längere Zeit mit
den Voranschlägen so gegangen, wie es manchmal auch den
Kindern mit der Arbeit geht: sie verschieben sie von einem
Tag zum andern, und schließlich wird sie zu spät fertig. So
hätte der Voranschlag für 1862 schon im Dezember 1861
fertig sein müssen; so aber war er dreiviertel Jahr später,
im September 1862 noch nicht fertig. Also hatte die Re-
gierung das Geld für die neuen Regimenter für dreiviertel
Jahr schon ausgegeben, und nun sollte sie es auf einmal
nicht ausgeben dürfen! Hätte man wirklich ausführen wollen,
was die Abgeordneten beschlossen, so hätte man aus den
Soldaten alles Brot und Fleisch wieder herausziehen müssen,
was sie in den dreiviertel Jahren gegessen hatten, das hätte
Otto, Fürst Bismarcks Lebenswerk. 3