— 72 —
große Taten vollbringen. Aber davon wollen die Leute nichts
wissen, und wer auf einen Turm geklettert ist, der sagt: „Ach
was, mehr als ich hier sehe, kann der da auf dem Berge auch
nicht sehn; und wenn er sagt, er sieht mehr, dann flunkert er.“
Und so denkt jeder Kirchturmpolitiker, er versteht ebensoviel
wie Bismarck. Nur schade: wenns darauf ankommt, dann
sieht man, daß Bismarck doch weiter gesehn und mehr ver-
standen hat.
Fürst Bismarck war nun aber nach dem französischen
Krieg in der ganzen Welt berühmt, in fremden Erdteilen fast
noch mehr als in Deutschland. Und als bald nachher auf der
Balkanhalbinsel ein großer Krieg zwischen Rußland und der
Türkei gewesen war, und England und andere Mächte mit
dem Frieden nicht einverstanden waren, den Rußland mit der
Türkei geschlossen hatte, da wurde wieder ein großer Kongreß
zusammenberufen, auf dem die ersten Minister aller großen
Mächte zusammenkamen. Aber diesmal kamen sie nicht in
London zusammen und nicht in Paris, sondern in Berlin,
und wer die Verhandlungen leitete, das war Fürst Bismarck.
Das war der Berliner Kongreß vom Jahre 1878, auf
dem man sehn konnte, daß jetzt Deutschland die erste Macht
der Erde war.
Aber freilich war auch mit der Gründung des Deutschen
Reiches noch nicht alles gut und schön auf der Welt. Es
gibt auch heute noch vieles, was schlimm genug ist und gern
besser werden könnte; und Fürst Bismarck hat selber manchmal
gesagt, daß er mit Sorgen in die Zukunft sehe, daß er fürchte,
sein Werk könne wieder vernichtet werden; Deutschland könnte
wieder auseinanderfallen in lauter einzelne Länder und wieder
vom Auslande so verspottet werden, wie es früher war.