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Welt trauerte, das müßt ihr in der Geschichte Wilhelms I.
nachlesen. Unter denen, die am tiefsten trauerten, war der
Mann, der mehr als ein Vierteljahrhundert sein erster Rat-
geber gewesen war, Fürst Bismarck.
Kaiser Wilhelms Sohn Friedrich III. war todkrank, als
er Kaiser wurde; er regierte nur 99 Tage und starb am
15. Juni 1888. Fürst Bismarck blieb auch sein Ratgeber.
Am 15. Juni 1888 wurde Wilhelm II. Deutscher Kaiser
und König von Preußen, und nun begann eine neue Zeit
für das deutsche Reich. Schon mehrere Jahre vorher hatte
Fürst Bismarck gesagt, Prinz Wilhelm würde später einmal
sein eigener Kanzler sein. Dennoch wollte sich der Kaiser
keineswegs gleich von dem treuen Ratgeber seines Großvaters
trennen; der Kaiser hat wohl wie alle Deutschen anfangs ge-
hofft, daß Fürst Bismarck sein ganzes Leben lang Reichs-
kanzler bleiben würde. Aber wenn ein siebzigjähriger Mann
gehorchen soll, wo ein dreißigjähriger Mann zu befehlen hat,
da geht es nicht immer glatt ab. Der Kaiser wollte, daß
alles rascher gehen sollte, als es in den letzten Jahren seines
Großvaters gegangen war; namentlich aber wollte er, daß
schneller und noch mehr, als Kaiser Wilhelm I. gewollt hatte,
für die Arbeiter gesorgt werden sollte. Fürst Bismarck war
der Meinung, daß das nicht so rasch ginge. Und nun sagten
viele Leute, wenn das nicht so rasch ginge, so wäre nur Fürst
Bismarck daran schuld; es ginge nur deswegen nicht, weil der
nicht wollte. Sehr viele Leute aber waren derselben Meinung
wie Fürst Bismarck; sie dachten auch, das geht nicht so rasch.
Aber sie wollten das dem Kaiser nicht sagen, weil sie dachten,
der Kaiser könnte böse darüber werden. Nun glaubten sie
aber, den Fürsten Bismarck würde der Kaiser keinesfalls ent-
lassen, und deshalb sagten sie: „Ja, wenn es nur auf uns
ankäme, dann würden die Gesetze, die den Arbeitern helfen
sollen, sehr bald fertig sein, aber Fürst Bismarck will ja nicht,