— 88 —
helm II. nun hörte, wie die Sozialdemokraten die tapferen
Kämpfer von 1870 und seinen Großvater beschimpften, da
sagte er: „Und wir feiern doch Kaiser Wilhelm I. und seine
ruhmreichen Krieger; und die Leute, die darauf schimpfen, sind
eine Rotte von Menschen, die nicht wert sind, den Namen
Deutsche zu führen.“ Da aber schrieen die Sozialdemokraten
wieder: „Der Kaiser hat gesagt, alle Arbeiter wären eine
Rotte von Menschen, die nicht wert sind, den Namen Deutsche
zu führen.“ — So ging das hin und her, und so geht das
noch; und das hatte Fürst Bismarck gemeint, als er über die
sozialen Reformpläne sagte: das geht jetzt noch nicht. — Es
wird erst gehen, wenn die Arbeiter eingesehen haben, daß
nicht der Kaiser ihr Feind ist, sondern die sozialdemokratischen
Führer; daß es für den Kaiser gut ist, wenn es den Arbeitern
gut geht, weil dann der Kaiser kräftige Soldaten bekommt
und das Reich höhere Einnahmen hat; daß es aber für die
Sozialdemokraten gut ist, wenn es den Arbeitern schlecht geht,
weil sie dann denken: „Vielleicht wird es doch besser, wenn
die Sozialdemokraten regieren.“ — Wenn die Arbeiter einmal
einsehen werden, daß nur der Landesherr, nur der Kaiser stark
genug ist, um auch gegen den Willen der Reichen und der
Gebildeten den Arbeitern zu helfen, dann werden sie auch dem
Fürsten Bismarck dankbar sein, der mehr als irgend ein andrer
Mensch dafür gesorgt hat, daß die Landesherren noch etwas
zu sagen haben.
Noch über acht Jahre lebte Fürst Bismarck nach seiner
Entlassung. Und dieses Stück seines Lebens ist eigentlich das
wunderbarste geworden. Daß ein tüchtiger Mann Minister
geworden ist, das ist schon sehr oft dagewesen; daß ein solcher
Minister durch klugen Rat seinem Fürsten geholfen hat, sein
Volk über andere Völker zu erheben, das ist auch schon mehr-
fach dagewesen; aber wenn solch ein Mann dann aufhörte
Minister zu sein, dann war auch seine Zeit und seine Macht