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vorbei. Daß aber die ganze Welt auf einen früheren Minister
hört, daß jedes Wort von ihm überall hin telegraphiert wird,
als ob es von einem mächtigen König gesprochen wäre, genug
daß ein einzelner Mensch so angesehen wird, als ob er für
sich allein eine Großmacht wäre, das ist noch nicht dagewesen,
solange wie die Erde steht. So aber ist es dem Fürsten Bis-
marck acht Jahre lang tagtäglich ergangen bis an sein Lebens-
ende. Und dieser Mann, dem die höchsten Ehren erwiesen
wurden, die die Menschheit zu vergeben hat — denn höher
kann doch wohl niemand geehrt werden, als daß man ihn
für eine Großmacht hält —, dieser Mann bestimmte für seinen
Grabstein eine Inschrift, in der er zweierlei von sich sagt,
erstens daß er ein Deutscher gewesen sei, und zweitens, daß
er ein treuer Diener seines Landesherrn gewesen sei: „Fürst
Bismarck, ein treuer deutscher Diener Kaiser Wil-
helms I.“ — so lautet die Inschrift, die er selbst für sein
Grab bestimmt hat; so sollt ihr an ihn denken.
Und wenn man euch nun fragt: „Was war denn nun
das Lebenswerk des Fürsten Bismarck?“ Dann antwortet:
„Fürst Bismarck war der Mann, der dem deutschen Volke den
Weg zum Deutschen Reiche gezeigt hat. Die Deutschen hatten
sich tausend Jahre lang nach einem solchen Reiche gesehnt;
aber das Sehnen allein hilft nichts. Sie hatten gemeint, es
sicher fertig zu bekommen, wenn sie etwas Revolution machten
und Abgeordnete wählten und eine recht schöne Verfassung
beschlössen; aber so ging es nicht; die Verfassung wurde wohl
fertig, aber das Reich nicht. Da zeigte Fürst Bismarck den
Weg: ein Landesherr muß das deutsche Reich machen, und
zwar der mächtigste deutsche Landesherr, der König von
Preußen; und der muß es mit seinem Heere machen, nicht
mit Reden halten und Beschlüsse fassen. Da schrieen alle:
Das geht nicht! Aber es ging doch; der König von Preußen
erzwang das deutsche Reich, obwohl fast alle klugen und