Full text: Heinrich der Löwe Herzog von Bayern und Sachsen.

Die Welfen im ersten Investiturstreit. 13 
dem jungen Gemahle, ihm in jedem Falle, auch wenn keine Kinder aus ihrer 
Ehe erzielt würden, ihre Lehen Tuszien und Spolet zu überlassen. Soschien 
dem erneuerten welfischen Geschlechte wiederum eine große Zukunft zu er- 
wachsen. Bayern, die estischen Besitzungen, Tuszien und Spolet bildeten 
vereint ein schönes Gebiet, das seinen Besitzer zu der höchsten Macht und 
Stellung zu erheben imstande war. 
Der junge Krieger erfüllte die von ihm gehegten Erwartungen vollkommen 
und warf seine Gegner in Ober- und Mittelitalien zu Boden. Anders freilich 
gestaltete sich die Sachlage, als Heinrich selbst mit einem starken Heere nach 
Italien kam, die Staaten Welfs und Azzos II. nach allen Richtungen ver- 
heerte und ihnen große Gebietsstrecken entriß. Immer mehr Fürsten und 
Große, besonders aus Schwaben, traten zum Kaiser über, so daß dessen Macht 
zunahm, sein Sieg wahrscheinlicher wurde. Da suchte Welf IV. wieder ein- 
zulenken. Er begab sich selbst nach Italien zu Heinrich und bemühte sich, ihn 
mit sich auszusöhnen und das in Bayern und Italien seinem Hause Verlorene 
wiederzuerlangen. Aber der Kaiser wies den treulosen Mann entschieden zu- 
rück, obwohl dessen Bündnis ihm im Augenblicke gute Früchte hätte tragen 
können. Natürlich wurden die Welfen durch diese Ablehnung wieder gänzlich 
auf die oppositionelle Seite gedrängt, und wirklich schienen ihre Aussichten 
sich zu bessern, als der kirchlichen Partei ein glücklicher Schlag gelang. Der 
kaiserliche Statthalter von Italien, Heinrichs eigener Sohn Konrad, wurde 
zur Empörung gegen seinen Vater verlockt und ließ sich von dem Erzbischof 
von Mailand zum unabhängigen Könige von Italien krönen. Er verband 
sich sofort auf das engste mit Mathilde und Welf V.; und dessen Vater, dem 
unterdessen der größte Teil seiner deutschen Besitzungen von den Anhängern 
des Kaisers entrissen worden war, zog mit einem Heere nach Italien, Konrad 
und dessen Verbündeten zu Hilfe. Der Kaiser wurde aller seiner Macht im 
1090 
1090—92 
1091 
1093 
Italien beraubt. Nach der Rückkehr Welfs IV. nach Deutschland fand in Ulm 25. Nov. 
ein großer Landtag der antikaiserlichen Partei in Süddeutschland statt, dessen 
Verabredungen in der Tat zu einem Siege dieser Partei im ganzen südlichen 
Deutschland führten. 
Während so die Welfen heftiger und glücklicher als je gegen die kaiserliche 
Gewalt stritten, trat plötzlich ein Umschlag ein, der die ganze Richtung des 
welfischen Hauses auf einmal veränderte. Welf V. hatte keine Aussicht, von 
Mathilden Kinder zu erhalten; und zugleich entzog sie, da jetzt jede Furcht 
vor dem Kaiser unnötig schien, jenem auch das Versprechen, ihm einst Tuszien 
und Spolet zu hinterlassen. Daraus entstand heftiger Streit zwischen den 
beiden Gatten; Welf V. sah nicht den geringsten Vorteil mehrin der Verbindung 
mit der alternden, herrschsüchtigen und unverträglichen Mathilde; er schied 
sich von ihr. Voll Grimm über die Vereitelung so schöner Hoffnungen eilte 
der alte Welf nach Italien und suchte den Zwiespalt wieder auszugleichen; 
aber seine Bestrebungen scheiterten gänzlich; erst seinem Enkel war die Er- 
neuerung der welfischen Ansprüche auf diese schönen Lande vom Geschicke 
1095
	        
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