98 8 35a. Reichsverfassungsurkunde. II. Reichsgesetzgebung.
Ebenso bleiben bis auf Weiteres die Verträge in Kraft, welche
zwischen den einzelnen Bundesstaaten in Beziehung auf die Ueber-
nahme von Auszuweisenden, die Verpflegung erkrankter und die Be-
erdigung verstorbener Staatsangehörigen bestehen. 25)
Hinsichtlich der Erfüllung der Militärpflicht im Verhältnis zu
dem Heimatslande wird im Wege der Reichsgesetzgebung das Nötige
geordnet werden. 26)
Dem Auslande gegenüber haben alle Deutschen gleichmäßig
Anspruch auf den Schutz des Reichs. 27)
Art. 4.
Der Beaufsichtigung 23) seitens des Reiches und der Gesetz-
*5) Hiezu s. für Bayern: Z. III des Schlußprotokolls d. d. Versailles
23. November 1870 (Pröbst S. 136 f.), nach welchem „der Gothaer Vertrag vom
15. Juli 1851 wegen gegenseitiger Uebernahme der Ausgewiesenen und Heimat-
losen (nebst den hiezu gehörigen Protokollen vom 15. Juli 1851; 25. Juli 1854
und 29. Juli 1858), dann die sog. Eisenacher Konvention vom 11. Juli 1853
wegen Verpflegung erkrankter und Beerdigung verstorbener Unterthanen für das
Verhältnis Bayerns zu dem übrigen Bundesgebiete fortdauernd Geltung
haben soll“.
*6) Es ist selbstverständlich, daß den sog. Rechten des deutschen Indigenates
auch Pflichten entsprechen. Zu diesen letzteren gehört besonders die Militärpflicht,
deren Erfüllung nunmehr durch das Reichsmilitärgesetz vom 2. Mai 1874 und
bezw. 6. Mai 1880; 31. März 1885; 11. März 1887; 11. Februar 1888; 27.
Januar 1890; 15. Juli 1890; 26. Mai 1893 und 3. August 1893 geregelt ist.
Diese Gesetze gelten auch in Bayern, jedoch nur nach Maßgabe der Bestimmungen
in Nr. III, § 5 d. Verf.-Vertrages.
Nach 8 12 des genannten Gesetzes vom 2. Mai 1874 ist jeder Militär-
pflichtige in der Regel in dem Aushebungsbezirke, in welchem er seinen dauernden
zsentaltsort oder, in Ermangelung eines solchen, seinen Wohnsitz hat, gestellungs-
pflichtig.
In dem Aushebungsbezirke, in welchem die Militärpflichtigen sich zu ge-
stellen haben, werden sie auch zum Militärdienst herangezogen.
Weiteres hierüber s. unter „Militärwesen“ 88 491—498.
*7) Dieser Schutz wird gleichfalls nur den physischen Personen, nicht
den juristischen durch die Bestimmung des Art. 3 Abs. 6 gewährleistet („Allen
Deutschen", d. h. allen Menschen, welche deutsche Reichsangehörige sind).
Dieser Schutz ist, natürlich nur für Friedenszeiten, durch die Reichsgesetzgebung
über die Organisation des Konsulatwesens und der Seeschiffahrt für immer ein-
gerichtet. S. hiezu Art. 4 Z. 7 und Z. 14 (Kriegsmarine).
#2#) Bezüglich dieser Beaufsichtigung ist durch Art. 7 Abs. 1 Z. 3 der
Reichs-Verf. bestimmt, daß der Bundesrat über Mängel beschließt, welche bei der
Ausführung der Reichsgesetze oder der zur Ausführung derselben erforderlichen
allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen hervortreten, ferner durch
Art. 17, daß dem Kaiser die Ueberwachung der Ausführung der Reichsgesetze zu-
steht. Die hiebei gemachten Beobachtungen und Erfahrungen werden dann dem
Bundesrat zur event. Beschlußfassung mitgeteilt. Vergl. hiezu noch Art. 36 Abs. 2,
50, 56 Abs. 1 und 63; ferner Lab. 1, 673—677. Besonders s. hierüber Seydel,
Comm. zu Art. 4 S. 57 f.