Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

8 35 a. Reichsverfassungsurkunde. XIV. Allgemeine Bestimmungen. 125 
Die näheren Bestimmungen über die Zuständigkeit und das 
Verfahren des Ober-Appellationsgerichts erfolgen im Wege der 
Reichsgesetzgebung. Bis zum Erlasse eines Reichsgesetzes bewendet 
es bei der seitherigen Zuständigkeit der Gerichte in den einzelnen 
Bundesstaaten und den auf das Verfahren dieser Gerichte sich be- 
ziehenden Bestimmungen. 
Art. 76. 
Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundesstaaten, sofern die- 
selben nicht privatrechtlicher Natur und daher von den kompetenten 
Gerichtsbehörden zu entscheiden sind, werden auf Anrufen des einen 
Teils von dem Bundesrate erledigt.99) 
Verfassungsstreitigkeiten in solchen Bundesstaaten, in deren Ver- 
fassung nicht eine Behörde zur Entscheidung solcher Streitigkeiten be- 
stimmt ist, hat auf Anrufen eines Teiles der Bundesrat gütlich aus- 
zugleichen oder, wenn das nicht gelingt, im Wege der Reichsgesetz- 
gebung zur Erledigung zu bringen. 
Art. 77. 
Wenn in einem Bundesstaate der Fall einer Justizverweigerung 
eintritt, und auf gesetzlichen Wegen ausreichende Hülfe nicht erlangt 
werden kann, so liegt dem Bundesrate ob, erwiesene, nach der Ver- 
fassung und den bestehenden Gesetzen des betreffenden Bundesstaates 
zu beurteilende Beschwerden über verweigerte oder gehemmte Rechts- 
pflege anzunehmen, und darauf die gerichtliche Hülfe bei der Bundes- 
regierung, die zu der Beschwerde Anlaß gegeben hat, zu bewirken. 
XIV. Allgemeine Bestimmungen. 
Art. 7 S. 100) 
Veränderungen der Verfassung erfolgen im Wege der Gesetz- 
gebung. 101) Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrate 
14 Stimmen gegen sich haben. 
*.) Siehe hiezu Seydel, Comm. S. 253 f. 
Nicht hieher gehören die Streitigkeiten über den Vollzug des Gothaer Ver- 
trages vom 15. Juli 1851, welcher nach Ziff. III des Versailler Schlußprotokolls 
vom 23. November 1870 in allen seinen Teilen fortdauernde Geltung hat. Es 
hat demgemäß auch bei der Bestimmung des § 12 desselben (Web. 4, 272) über 
die schiedsrichterliche Entscheidung sein weiteres Verbleiben. 
Ckr. auch Art. 3 Abs. 4 der Reichs-Verf. 
100) Zu Art. 78 s. die ausführlichen lichtvollen Erörterungen in Soydel, 
Comm. S. 257 ff., speziell S. 267 f. und S. 276 ff.: „Der Art. 78 in der 
bayerischen Abgeordnetenkammer“. 
11) Verfassungs änderungen im Sinne dieses Artikels sind sowohl die- 
jenigen Aenderungen der Reichsverfassungsurkunde, durch welche die Zuständigkeit 
des Reiches und resp. seiner Gesetzgebung überhaupt geändert — sei es er- 
weitert oder beschränkt — wird, als auch diejenigen, durch welche speziell Sonder- 
rechte der Einzelstaaten, welche in der Reichsverfassung Aufnahme gefunden haben,
	        
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