§ 39. Die Reichsverwesung. 139
Die Krone fällt dem durch die Verfassung Berufenen von selbst
an. Im Regierungsantritt liegt zugleich die Erklärung über die An-
nahme der Krone.
Der Thronfolger succediert in die Staatsgewalt und in alle
in derselben begriffenen und zu ihr gehörigen Rechte. Die Gesamtheit
dieser Rechte und Güter, in welche der Thronfolger als solcher ein-
tritt, heißt die Staatsverlassenschaft (Pözl S. 376), wohl zu
unterscheiden von der Privatverlassenschaft des letzten Königs, in
welche eine eigene Erbfolge gegeben ist. S. oben § 37 ad 3 lit. a
und Pözl S. 377, ferner über „Staatsverlassenschaft" Pözl S. 376 f.
Weiter s. über ordentliche Thronfolge: Seyd. 1, 190—193
Pözl § 140; und über außerordentliche Thronfolge Seyd. 1, 193—200
Pözl § 141. Ueber Regierungsantritt und Eidesleistung Seyd. 1,
200 f. und Pözl § 143; desgl. über die Entsetzung und Abdankung
Seyd. 1, 201 f., Pözl § 144; endlich über kgl. Haus= und Fami-
liengewalt Ausführliches Seyd. 1, 202—223, Pözl § 151. Tit. V.
des kgl. Familienstatuts vom 5. August 1819 s. Web. 2, 21 f.,
und Bamb. Erg.-Bd. 7, 627 f.
§ 39.
Die Reichsverwesung. 12)
Dieselbe tritt nach § 9 Tit. II der Verf.-Urk. ein:
a. während der Minderjährigkeit des Monarchen, 13)
b. wenn derselbe an der Ausübung der Regierung auf längere
Zeit verhindert ist und für die Verwaltung des Reiches
nicht selbst Vorsorge getroffen hat oder treffen kann.
In diesen Fällen wird nach § 15 l. c. die Regierung im
Namen des minderjährigen oder in der Ausübung der Regierung ge-
hinderten Monarchen geführt. Alle Ausfertigungen werden in seinem
Namen und unter dem gewöhnlichen Kgl. Siegel erlassen, alle Münzen
mit seinem Brustbilde, Wappen und Titel geprägt.
Der Regent unterzeichnet als „des Königreichs Bayern Verweser“.
Der Regent übt nach § 17 l. c. während seiner Reichsverwesung
alle Regierungsrechte aus, welche durch die Verfassung nicht besonders
ausgenommen sind (vgl. § 18 l. c.). Ferner hat der Regent nach
Tit. 1 § 3 des Fam.-Statuts auch die Ausübung der Familienrechte,
welche dem König nach § 2 l. c. als Haupt des kgl. Hauses zu-
tehen. —
steh Ueber die wichtige Frage, ob unter der Reichsverwesung
Verfassungsänderungen vorgenommen werden dürfen, siehe die
zutreffenden Ausführungen bei Seydel 2. Aufl. Bd. 1, S. 240—248,
13) Seyd. 1, 223—262. Pözl, Verf. 88 145—147. » ·
U)Nach§1Tit.1XdesFam.-Stat.trittdieVollxährigkertderPrmzeu
und Prinzessinnen mit dem zurückgelegten 18. Jahre ein.