Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

180 8 46. Wirkungen d. Staatsangehörigkeit. Staatsbürgerrecht. Staatsbürgereid. 
Ueber den Besitz des bayer. Indigenates oder der bayerischen 
Staatsangehörigkeit werden von den unmittelbaren Magistraten resp. 
kgl. Bezirksämtern amtliche Bescheinigungen ausgestellt und zwar nach 
Min.-E. vom 1. April 1881 Web. 15, 29: „Heimatscheine“, wenn 
sie zum Zwecke des Aufenthaltes im Auslande oder im Königreiche 
Bayern und nach Min.-E. vom 26. Mai 1883 (Web. 16, 223 f.), 
„Staatsangehörigkeits-Ausweise“, wenn sie zur Benützung in den 
übrigen deutschen Bundesstaaten dienen. Die in diesen Entschließungen 
bezeichneten Formulare sind bei der Ausstellung zu verwenden. 
Die Giltigkeit eines für den Aufenthalt außerhalb des Reichs- 
gebietes bestimmten „Heimatscheines“ darf auf einen längeren Zeit- 
raum als fünf Jahre nicht bemessen werden. Nach Art. 173 Ziff. 1 
des Gebührengesetzes vom 6. Juli 1892 wird für diese Urkunden 
eine GeFbühr von 1 Mark erhoben. — Näheres hierüber s. unten 
§ 45a bei Anm. 94 a. E. 
Schließlich sei noch bemerkt, daß Streitigkeiten über die Erwerb- 
ung und den Besitz der Bundes= und Staatsangehörigkeit und die 
Entlassung aus dem Staatsverbande nach Art. 8 Ziff. 1 des Gesetzes 
über den Verwaltungsgerichtshof Verwaltungsrechtssachen sind. Siehe 
daher über das Verfahren in solchen Prozessen unten §8 515—527. 
Was speziell die Zuständigkeit anbelangt, so haben über derar- 
tige Streitigkeiten nach § 19 und § 25 der Form. Verordn. vom 
17. Dezember 1825 die Distriktsverwaltungsbehörden in 1. Instanz, 
der kgl. Verwaltungsgerichtshof in 2. und letzter Instanz zu ent- 
scheiden. Dies gilt auf jeden Fall dann, wenn der (angeblich bereits 
stattgehabte) faktische Erwerb oder der (angeblich bereits erfolgte) 
wirkliche Besitz der Staatsangehörigkeit bezw. die Entlassung 
aus der Staatsangehörigkeit an sich selbst den eigentlichen 
Gegenstand des Streites bildet. Durch die Anordnungen der Voll- 
zugsvorschriften vom 9. Mai 1891 zum Staatsangehörigkeitsgesetz 
(Web. 9, 6 ff.) ist an diesen Kompetenzbestimmungen nichts geändert, 
ganz besonders ist durch dieselben eine Ausnahme von der allgemeinen 
Regel, daß die Distriktsverwaltungsbehörden zur Entscheidung in 
erster Instanz berufen sind, für die vorliegende Materie nicht gemacht 
worden. Also bleibt es bei dieser Regel. 
Demgemäß haben auch (Ziff. 9 der obengenannten Vollzugs- 
Vorschr.) die Distriktspolizeibehörden (kgl. Bezirksämter, unmittelbare 
Magistrate, in München kgl. Polizeidirektion) auf Verlangen den Be- 
teiligten Heimatscheine und Staatsangehörigkeitsausweise auszustellen. 
Wird dagegen Antrag auf Aufnahme, Naturalisation oder Ent- 
lassung, also auf eine erst zu bethätigende Ausstellung einer Auf- 
nahms-, einer Naturalisations= oder einer Entlassungs- 
Urkunde gestellt, so sind zur Ausstellung solcher Urkunden kraft be- 
sonderer Bestimmung die kgl. Kreisregierungen, K. d. J., in erster
	        
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