Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

§ 45a. Ges. üb. d. Erwerbung u. den Verlust d. Bundes= u. Staatsangehörigkeit. 195 
Vor Erteilung der Naturalisations-Urkunde hat die höhere 
Verwaltungsbehörde 27) die Gemeinde, 33) beziehungsweise den Armen- 
verband 25) desjenigen Orts, wo der Aufzunehmende sich niederlassen 
will, in Beziehung auf die Erfordernisse unter Nr. 2, 3 und 4 mit 
ihrer Erklärung zu hören. 23 ) 
Bezügl. der Frage, ob der zu Naturalisierende seine Angehörigen zu er- 
nähren im Stande ist, sind besonders die lokalen Verhältnisse des Ortes, an 
welchem seine Niederlassung stattfindet, zu berücksichtigen. Cahn S. 83 Z. 16. 
3) Bei Verbescheidung von Naturalisationsgesuchen haben die kgl. Kreis- 
regierungen lediglich nach freiem Ermessen zu verfahren. Abschlägige Ent- 
schließungen können daher nur mit Beschwerde zum kgl. Staatsministerium an- 
gefochten werden, weil hier nur Ermessungsfragen vorliegen und der Ausländer 
keinen rechtlichen Anspruch auf Naturalisation hat. 
(Vgl. Art. 13 Abs. 1 Ziff. 3 des Gesetzes über den Verw.-Ger.-Hof.) 
28) Gemeinde und Armenpflege haben zwar kein Einspruchsrecht, kein abso- 
lutes Veto, wohl aber ein Recht darauf, nicht blos gehört, sondern auch darauf, 
daß begründete Einwände entsprechend berücksichtigt werden. Die desbezüglichen 
Erklärungen der Gemeinden werden vom Magistrate bezw. von der Ge- 
meindeverwaltung abgegeben. 
S. auch Riedel, Comm. Ziff. 4 zu § 8I. c., ferner Cahn S. 82—85 Ziff. 
14—21, ferner Aum. 26 und 22 a Abs. 2. 
284) Ofr. zu § 8 weiter: Art. 182 des Gebührengesetzes, nach welchem für 
Naturalisationsurkunden eine Gebühr von 20 Mark erhoben wird, ferner folgende 
Entscheidungen 2c.: 
Reg. 1, 217: Vom Reichskanzler wird der Grundsatz beobachtet, auch nach 
erfolgter Naturalisation eines Ausländers in Deutschland der betr. fremden 
Regierung, welcher der Naturalisierte angehört, das Recht zuzugestehen, denselben 
fortwährend als ihren Unterthan zu behandeln, so lange er nicht auf dem durch 
seine heimatliche Gesetzgebung vorgeschriebenen Wege aus der früheren Staats- 
angehörigkeit förmlich ausgeschieden ist; hiezu Reg. 16, 200: Rechtliche Stellung 
des ohne Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit naturalisierten Aus- 
länders. 
Reg. 16, 83: Keine Begründung einer „Niederlassung“" seitens unselbstän- 
diger Personen. · 
" Reg. 16, 200 und Entschl. d. kgl. Staatsmin. d. Innern vom 24. März 
1896: (Bl. f. adm. Pr. 46, 282): Unter den sämtlichen Bundesregierungen und 
dem kaiserl. Statthalter in Elsaß-Lothringen ist wegen der künftigen Behandlung 
der Aufnahme und Entlassungsgesuche solcher Personen, welche innerhalb des 
Reichsgebiets ihre Staatsangehörigkeit zu wechseln beabsichtigen, Einverständnis 
dahin erzielt worden, daß die Regierungen bei der Erledigung von Aufnahme- 
gesuchen dieser Art in Zukunft an dem Grundsatze festhalten, daß Personen, welche 
aus der Staatsangehörigkeit eines Bundesstaates entlassen worden sind und vor 
Ablauf von sechs Monaten nach Aushändigung der Entlassungsurkunde — ohne 
in der Zwischenzeit ihren Wohnsitz in das Ausland verlegt zu haben — den Er- 
werb der Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaate nachsuchen, nicht als 
Ausländer im Sinne des § 8 des Staatsangehörigkeitsges. zu behandeln sind. 
Denselben ist vielmehr die Aufnahme-Urkunde nach Maßgabe des § 7 1c. zu 
erteilen. 
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 19. Oktober 1894 Bd. XVI, 116: 
Ausländern (Nichtdeutschen) steht ein Rechtsan spruch auf Verleihung der 
bayer. Staatsangehörigkeit (Naturalisation) nicht zu. Die Entscheidung über 
Naturalisations gesuche entzieht sich daher der Zuständigkeit des Verwal- 
tungsgerichtshofes. Behauptet ein Gesuchsteller Bundesangehöriger zu sein und 
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