196 8 45a. Ges. üb. d. Erwerbung u. den Verlust d. Bundes- u. Staatsangehörigkeit.
89.
Eine von der Regierung 29) oder von einer Central= oder höheren
Verwaltungsbehörde 29) eines Bundesstaates vollzogene oder bestätigte
Bestallung 30) für einen 3803) in den unmittelbaren oder mittelbaren
Staatsdienst oder in den Kirchen-, Schul= oder Communaldienst 31)
wird ihm diese Eigenschaft von der zur Beschlußfassung berufenen Regierung, K.
d. J., bestritten, so ist über dessen Anspruch auf Verleihung der bayer. Staats-
angehörigkeit im verwaltungsrechtl. Verfahren, in letzter Instanz vom Verwal-
tungsgerichtshofe zu verhandeln und zu entscheiden, wobei die Frage der Bundes-
angehörigkeit einen Incidentpunkt bildet.
Reg. 7, 79: Naturalisation auch ohne vorgängige Niederlassung; Aushän-
digung der von einer zuständigen Behörde erteilten Naturalisationsurkunde als
rechtserzeugender Formalakt; keine Annullierung solcher Urkunden durch die Auf-
sichtsbehörde; rechtliche Prüfung derartiger Verwaltungsakte ohne Rücksicht auf
die Landesgrenzen innerhalb des Gebietes des deutschen Reiches, da die hiefür ge-
gebenen Rechtsregeln (des Staatsangehörigkeitsges.) gleichmäßig verbindlich für
die Behörden aller deutschen Einzelstaaten sind.
29) Nach Ziff. 6 der Min.-E. vom 9. Mai 1871 (Web. 9, 8) sind unter
Central= oder höheren Verwaltungsbehörden zu verstehen: die kgl. Kreisregierungen
und die denselben koordinierten oder übergeordneten Stellen. „Regierung“ ist
gleich „kgl. Staatsregierung“.
1°o) Bestallung bedeutet „Anstellungsdekret" bezw. Ernennung oder Beruf-
ung zum fraglichen Dienst in schriftlicher Form. Dieses Dekret, dessen übrige
Form verschieden gewählt sein kann, ist „vollzogen“ bei der Anstellung von
Staatsbeamten; bei Gemeindebeamten und beim übrigen mittelbaren Staatsdienst
liegt dagegen eine „bestätigte“ Bestallung vor.
Siehe hiezu Cahn S. 90 ff. Ziff. 9 und 10.
Diese Anstellungsurkunden vertreten nun die Aufnahms urkunden bei An-
stellung von Reichsangehörigen und die Naturalisations urkunden bei Anstellun
von Ausländern. Auf die Bedingungen, unter welchen sich diese Bestallung voll-
zieht, kommt es nicht an; entscheidend ist die faktische Bethätigung der Be-
stallung d. h. der Anstellung, gleichviel ob dieselbe für dauernd oder nur für
längere oder kürzere Zeit erfolgt. Der Nichteintritt des Erwerbes der Staats-
angehörigkeit kann nur durch einen desbezügl. besonderen Vorbehalt im Bestallungs.
dekret bewirkt werden.
30 a) Nicht blos männliche, sondern auch weibliche Angestellte, welche nach
§ 9 Bestallung erhalten haben, erwerben selbständig die Staatsangehörigkeit nach
Masgabe dieses § 9. Vgl. Cahn S. 90 Ziff. 8. *7*-
Auf solche Weise kann eine Ehefrau, welche nach §9 l. c. in einem anderen
Staate angestellt wird, als in welchem ihr Ehemann die Angehörigkeit besitzt,
eine doppelte Staatsangehörigkeit erwerben, sofern nicht ein desbezügl. Vorbehalt
in der betr. Anstellungsurkunde enthalten ist, welch' letzteres offenbar dann ge-
schehen muß, wenn der Ehemann seine Einwilligung zu dem neuen Staatsange-
hörigkeitserwerb nicht erteilt. (Vergl. Anm. 41.) ·
Aber auch hier gilt wie bei männlichen Beamten nur die Bestallung, die
von der Staatsregierung oder von der Central= oder der höheren Verwaltungs-
behörde (s. Anm. 29) vollzogen oder bestätigt wird.
Zu derartigen weiblichen Beamten gehören z. B. in Bayern die Lehrerin-
nen an öffentlichen Volksschulen.
"!) Die Anstellung muß nicht blos im unmittelbaren oder mittelbaren
Staatsdienst, im Kirchen-, Schul= oder Gemeindedienst stattfinden, sondern sie muß
auch ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis begründen.