Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

8 51. Das Landtagswahlgesetz und die Vornahme der Landtagswahlen. 245 
Königreichs zu erfolgen und berechnete sich nunmehr darnach die 
Gesamtzahl der Abgeordneten. 
Die Wahl findet in zwei Wahlhandlungen statt: 
a. Wahl der Wahlmänner (Urwahl), 
b. Wahl der Abgeordneten durch die Wahlmänner. 
Die aktive Wahlfähigkeit erhielt jeder Staatsbürger und jeder 
volljährige Staatsangehörige, welcher den Verfassungs- 
eid geleistet hat, dem Staate irgend eine direkte Steuer ent- 
richtet und nicht wegen Verbrechens oder wegen bestimmter Vergehen 
verurteilt worden ist. 
Die passive Wahlfähigkeit erhielt: 
a. zum Wahlmann jeder bayer. Staatsbürger, welcher das 
25. Lebensjahr zurückgelegt und die übrigen Beding- 
ungen zur aktiven Wahlfähigkeit erfüllt hat, 
b. zum Abgeordneten je der, welcher das 30. Lebensjahr 
zurückgelegt hat und die zur aktiven Wahlfähigkeit gehörigen 
Eigenschaften besitzt. 
Weder die aktive noch die passive Wahlfähigkeit war an ein 
bestimmtes Glaubensbekenntnis gebunden. 
Die vielfachen Wünsche, die im Laufe der Jahre nach Beseitig- 
ung des indirekten und Einführung des direkten Wahlsystems auf- 
tauchten, ließen sich infolge gegebener Verhältnisse nicht erfüllen; da- 
gegen sollten gewisse Bedenken, welche sich in der Praxis und bei 
Durchführung des Gesetzes vom 4. Juni 1848 nach mehrfacher Richt- 
ung hin ergeben hatten, durch einen am 20. Jannar 1881 von der 
kgl. bayer. Staatsregierung vorgelegten Entwurf über Abänderung 
einiger Bestimmungen des ebengenannten Gesetzes vom 4. Juni 1848 
beseitigt werden. 
Dieser Entwurf wurde in der ihm vom besonderen Ausschusse 
der 2. Kammer gegebenen Fassung am 8. März 1881 in der Kammer 
der Abgeordneten, sodann am 14. März 1881 in der Kammer der 
Reichsräte angenommen und hierauf unterm 21. März 1881 vom 
Könige als Gesetz sanktioniert und als solches durch Min.-Bek. vom 
22. März 1881 publiziert. 
Gegenüber dem Gesetze vom 4. Juni 1848 wurde durch diese 
neue Fassung die Zahl der Abgeordneten besonders dadurch bestimmter 
firiert, daß für die desbezüglichen Berechnungen die Volkszählung vom 
1. Dezember 1875 bis zu anderweitiger gesetzlicher Regelung zu 
Grunde gelegt und zugleich klar bestimmt wird, daß die Gesamtzahl 
der Abgeordneten aus den Bevölkerungsziffern der einzelnen Re- 
gierungsbezirke zu berechnen ist. Vor allem aber ist es als 
eine wesentliche Verbesserung der Wahlgesetzgebung zu bezeichnen, daß 
an Stelle der bisherigen öffentlichen Stimmabgabe mit von den 
Wählern unterzeichneten Wahlzetteln nunmehr die geheime Wahl 
getreten ist.
	        
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