§ 51. Das Landtagswahlgesetz und die Vornahme der Landtagswahlen. 251
Im Besonderen wird desfalls auf Nachstehendes zur Beobachtung und
Nachachtung aufmerksam gemacht:
J.
Die Wählerlisten bei den Reichstagswahlen werden unmittelbar vor Vor—
nahme allgemeiner Wahlen für diese und für etwaige Nachwahlen innerhalb eines
Jahres aufgestellt. Im Gegensatze hiezu sind die Wählerlisten für die
Bayerischen Landtagswahlen permanente Listen, welche halbjährig
revidiert und berichtigt werden.
II.
Für jede Gemeinde ist eine Wählerliste herzustellen. Die Formulare hiefür
(Anlage A) werden in der erforderlichen Anzahl den Magistraten der unmittel-
baren Städte und den k. Bezirksämtern durch die einschlägige kgl. Regierung,
Kammer des Innern, zugestellt; die Distriktsverwaltungsbehörden haben den Be-
darf für die Herstellung der Wählerlisten, soweit er sich vorerst berechnen läßt, —
ausgeschieden nach Umschlag= und nach Einlagebögen — baldmöglichst der Kreis-
stelle anzuzeigen.
III.
Die in den Wählerlisten zu verzeichnenden Wahlberechtigten sind in alpha-
betischer Ordnung unter laufenden Nummern vorzutragen. Jedoch dürfen in
Städten die Wählerlisten auch nach Bezirken, Distrikten oder Litern bezw. Straßen
gefertigt werden; bei dieser Art der Anfertigung genügt es, wenn die fortlaufende
Numerierung der Wähler je für einen Bezirk, einen Distrikt oder eine Litera bezw.
eine Straße erfolgt.
In Gemeinden, welche nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1875 nicht
mehr als 2750 Seelen zählen, muß die Wahlerliste vor der öffentlichen Auslegung
geheftet werden.
IV.
Der Eintrag in die Wählerlisten richtet sich nach folgenden Gesichtspunkten:
1) In die Wählerliste der Gemeinde dürfen nur Wahlberechtigte aufgenom-
mommen werden, welche in der Gemeinde Wohnsitz haben.
2) Die Wahlberechtigung setzt voraus: den Besitz der bayerischen
Staatsangehörigkeit, die Volljährigkeit und die Entrichtung einer
direkten Staatssteuer in Bayern seit mindestens sechs Monaten;
und zwar müssen diese Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 5 des Gesetzes au dem
n#n# Stäse der öffentlichen Auslegung der Wählerlisten er-
füllt sein.
Als direkte Steuern kommen in Betracht die Grund= und Haussteuer, die
Gewerbestener einschließlich der Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen,
die Kapitalrentensteuer und die Einkommensteuer. Die Ausdrucksweise des Gesetzes:
„dem Staate seit mindestens sechs Monaten eine direkte Steuer entrichtet"
schließt nach den Motiven in sich, daß die Anlegung vor mindestens sechs Monaten
geschah und daß die Entrichtung schon statt hatte. Die Motive führen weiterhin
aus, daß bei erfolgter Anmeldung zur geschehenen Steuerentrichtung der Tag der
Anmeldung als Beginn für die Berechnung der Frist zu erachten ist. Verzeichnisse
der einschlägigen Steuerzahler werden den Distriktsverwaltungsbehörden zur Be-
nützung für die einzelnen Gemeinden baldthunlichst seitens der kgl. Rentämter
übermittelt werden.
3) Neben den positiven Voraussetzungen bestehen Ausschließungs-
gründe. Das Gesetz unterscheidet zwischen dauernden und zeitweisen Aus-
schließungsgründen, indem dasselbe in Art. 6 Abs. 1 Vermerke über etwa vor-
handene „zeitweise“ Ausschließungsgründe anordnet. Unter solchen zeitweisen Aus-
schließungsgründen sind solche zu verstehen, die während der Zeit, für welche die
Wählerliste abgeschlossen wird, — also bei der erstmaligen Herstellung während der
Zeit bis zum 1. September 1881 — ihre Beseitigung finden können.