Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

276 8 51. Das Landtagswahlgesetz und die Vornahme der Landtagswahlen. 
Ueber jede Wahlhandlung ist ein Protokoll aufzunehmen, welches 
von dem Wahlkommissär und dem Wahlausschusse zu unterzeichnen ist. 
Art. 35. 56) 
Die Abgeordneten sind jederzeit zum Austritte aus der Kammer 
berechtigt. Erfolgt der Austritt, während der Landtag versammelt ist, 
so ist die Austrittserklärung an die Kammer der Abgeordneten, außerdem 
an das k. Staatsministerium des Innern abzugeben. 
Ein Abgeordneter, welcher ein Staatsamt, eine Beförderung oder 
eine Hofcharge annimmt, verliert seinen Sitz in der Kammer und kann 
denselben nur durch neue 57) Wahl wieder erlangen. 
Die außerdem während der Dauer der Wahlperiode in Er- 
ledigung kommenden Abgeordnetensitze werden durch Nachwahlen 
wieder besetzt. 
Zu den Neu= und Nachwahlen sind die noch vorhandenen Wahl- 
männer des Wahlkreises einzuberufen. Für jeden in Abgang ge- 
kommenen Wahlmann ist vor Vornahme von Neu= oder Nachwahlen 
ein Wahlmann nachzuwählen, wenn innerhalb der hiefür jeweilig von 
der Distriktsverwaltungsbehörde zu bestimmenden, nicht unter acht 
Tagen zu bemessenden Präklusivfrist mindestens zwanzig Urwähler des 
Wahlkreises solches beantragen. 
Art. 36. 
Die Abgeordneten haben während der Landtagsversammlung, 
sowie während der vorausgehenden und nachfolgenden acht Tage freie 
Fahrt auf den vom bayerischen Staate betriebenen Eisenbahnen nach 
  
  
*8) Hiezu s. §§ 58, 59 und 60 der Vollz.-Vorschr.: 
§ 58. Die Anordnungen über Vornahme der Neu= oder Nachwahlen gehen 
von dem kgl. Staatsministerium des Innern aus. 
§ 59. Bei Ableben eines Landtags-Abgeordneten hat diejenige Distrikts- 
verwaltungsbehörde (unmittelbarer Magistrat), in deren Bezirk sich der Todesfall 
ereignet — in München die kgl. Polizeidirektion — sofort hierüber Anzeige an 
das kgl. Staatsministerium des Innern zu erstatten. 
8 60. Ueber die Anberaumung der in Art. 35 Abs. 4 des Gesetzes vor- 
gesehenen Präklusivfrist wird in jedem einzelnen Falle besondere Weisung seitens 
des kgl. Staatsministeriums des Innern erteilt werden. Nach Eintreffen dieser 
Weisung haben die Distriktsverwaltungsbehörden die Präklusivfrist nach Bedarf 
zu bemessen und die bezügliche Bestimmung rechtzeitig sowohl in dem für ihre 
amtlichen Kundgebungen bestimmten Blatte zu veröffentlichen, als in jeder Ge- 
meinde in ortsüblicher Weise bekannt machen zu lassen. 
57) Im Falle des Abs. 2 findet Neu-Wahl, in den übrigen Fällen des 
Art. 35 Nach-Wahl statt. 
Dieser Unterschied des Ausdruckes hat aber keine Bedeutung für die Form 
dieser Neu- oder Nach-Wahl. Diese Form ist in beiden Fällen die gleiche. 
*) Vergl. § 9 Abs. 1 des Reichstagswahlges. und Anm. 17 hiezu S. 32.
	        
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