§ 11. I. Reichstagswahlgesetz. 29
§ 2.
Für Personen des Soldatenstandes, des Heeres und der Ma-
rine ruht die Berechtigung zum Wählen solange, als dieselben sich bei
der Fahne befinden. 5)
83.
Von der Berechtigung zum Wählen sind ausgeschlossen:
1) Personen, welche unter Vormundschaft oder Kuratel stehen;
2) Personen, über deren Vermögen Concurs= oder Fallitzustand
gerichtlich eröffnet worden ist, und zwar während der Dauer
dieses Concurs= oder Fallitverfahrens;
3) Personen, welche eine Armenunterstützung aus öffentlichen oder
Gemeindemitteln ) beziehen, oder im letzten der Wahl vorher-
gegangenen Jahr bezogen haben;
4) Personen, denen infolge rechtskräftigen Erkenntnisses der
Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte entzogen ist, für die
Zeit der Entziehung, sofern sie nicht in diese Rechte wieder
eingesetzt sind.
Jtst der Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte wegen poli-
tischer Vergehen oder Verbrechen entzogen, so tritt die Berech-
tigung zum Wählen wieder ein, sobald die außerdem erkannte
Strafe vollstreckt, oder durch Begnadigung erlassen ist.
§ 4.
Wählbar zum Abgeordneten ist im ganzen Bundes-Gebiete jeder 5)
Norddeutsche, welcher das fünfundzwanzigste Jahr zurückgelegt und
einem zum Bunde gehörigen Staate seit mindestens einem Jahr an-
gehört hat, sofern er nicht durch die Bestimmungen in dem § 3 von
der Berechtigung zum Wählen Lursohac *“
") Hiezu siehe M.-E. vom 27. Januar 1883, M.-Bl. S. 56 undG
100 f. „die Wahlberechtigung der Militärpersonen“ betr.; desgl. mundg. Web- 16,
Juni 1878 „Reichstagswahlen“ betr., Web. 12, 319 und § 49 sowie § 38 und
61 mit 56 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874, Web. 10, 291 und 287
endlich Rasp, Commentar S. 2 ff. und oben Text S. 22 und 25. "
o) Nicht ausgeschlossen sind Personen, welche wegen ihrer Armut irgend
woher Unterstützung beziehen, sondern nur solche, welche aus öffentlichen oder
Gemeindemitteln Unterstützung genießen (Rasp, Commentar S. 8 f.). Auch ist
Zulassung zum Armenrechte im Prozesse keine Armenunterstützung im
Sinne dieses § 3, Ziff. 3 des Wahlges. Endlich siehe noch M.-E. vom 22. Juni
1874, Web. 10, 368: Die geringfügige Gewährung von Lehrmitteln an Schul-
kinder, deren Eltern die Beschaffung dieser Lehrmittel durch ihre Vermögensver-
hältnisse erschwert ist, kann nicht als ein Umstand betrachtet werden, welcher die
Bäter jener Kinder selbst als arm und die Gewährung der Lehrmittel als
Armenunterstützung erscheinen lasse; auch Reg. 7, 76: Nichtbestreitung der
Lehrmittel und des Schulgeldes erscheint nicht als Armenunterstützung (Bad. Erl.
vom 25. Januar 1886).
5) Auch die Personen des Soldatenstandes besitzen die passive (nicht aber
die aktive) Wahlfähigkeit, können also zum Reichstagsabgeordneten gewählt
werden. Bundesratsmitglieder sind wählbar, doch müssen sie, wenn sie die Wahl
annehmen, mit Rücksicht auf die Bestimmung des Art. 9 der Reichsverfassung aus