§ 89. Das bayerische Budgetrecht. 459
Nach Art. 1 und 2 des Gesetzes vom 10. Juli 1865, „die
Abkürzung der Finanzperioden betr.“ (Web. 6, 496) werden die zur
Deckung der ordentlichen beständigen und bestimmt vorher zu sehenden
Staatsausgaben mit Einschluß des notwendigen Reservefonds erforder-
lichen direkten Steuern jedesmal auf zwei Jahre bewilligt, und läßt
der König spätestens drei Monate vor dem Ablaufe dieses zwei-
jährigen Termines für die zwei Jahre, welche diesem Termine folgen,
den Kammern ein neues Budget vorlegen. Es sind also (statt der
früheren sechsjährigen) nunmehr zwei jährige Finanzperioden ein-
geführt.
Die Thätigkeit des Landtages in Bezug auf Festsetzung des
Budgets ist nach dem Gesagten eine doppelte und zerfällt
a. in die Prüfung des Budgets,
b. in die Bewilligung der nötigen Steuern nach Maßgabe
des § 3 Tit. VII der Verf.-Urk., also die Genehmigung
1) aller direkten Steuern,
2) neuer indirekten Auflagen,
3) der Erhöhungen der bestehenden direkten und indirekten
Auflagen;
4) der Veränderung der bestehenden direkten und indirekten
Steuern resp. Auflagen oder Gebühren;
zu Ziff. 4 gehört auch die Genehmigung aller derjenigen Auflagen,
Gefälle oder Gebühren, welche (ihrer Natur nach oder aus sonstigen
Gründen) immer nur periodisch festgesetzt werden.
Bezüglich der Erträgnisse aus Reichssteuern oder Reichszöllen,
welche vom Reiche den einzelnen Bundesstaaten zugewiesen werden,
ist eine Mitwirkung resp. Zustimmung oder Bewilligung des Land-
tages ausgeschlossen.
Im übrigen siehe über Prüfung des Budgets und Bewil-
ligung der Steuern bei vereinbartem und bei nicht vereinbartem
Budget, sowie über die verfassungsrechtliche Bedeutung der sogenann-
ten Finanzgesetze die eingehende Behandlung dieser Materie bei v.
Seydel 2, 588 ff. und 596 ff., sowie 581 ff. ·
Nach der bayer. Verfassung ist eine Steuerverweigerung nicht
vorgesehen. Nach Art. 1 des cit. Gesetzes vom 10. Juli 1865
werden die erforderlichen direkten Steuern jedesmal auf zwei
Jahre bewilligt, ja es kann nach § 9 Tit. VII der Verf.-Urk. die
Bewilligung der Steuern nicht einmal mit einer Bedingung verbunden
werden.
Ueber die Möglichkeit der Weitererhebung der Steuern nach
Ablauf der Finanzperiode und resp. vor Feststellung des neuen
Budgets s. Seyd. 2, 600 ff., über Verwendung der Erübrigungen
d. h. derjenigen „Ueberschüsse, welche nach Ablauf einer Finanzperiode
nach vollständiger und entsprechender Deckung aller in das Budget
eingestellten ordentlichen, beständigen, bestimmt vorhersehbaren und
aller im Laufe der Finanzperiode eingetretenen zur Zeit der Willigung