8 90. Die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern. Tit. III. 481
Vuoorzüglich sollen ohne Ausnahme alle Rechte der Souveränität
bei der Primogenitur ungeteilt und unveräußert erhalten werden. 29)
§ 4. Als Veräußerung des Staatsguts ist anzusehen, nicht
nur jeder wirkliche Verkauf, sondern auch eine Schenkung unter den
Lebenden, oder eine Vergebung durch eine letzte Willens-Verordnung,
Verleihung neuer Lehen oder Beschwerung mit einer ewigen Last,
oder Verpfändung oder Hingabe durch einen Vergleich gegen Annahme
einer Summe Geldes.
Auch kann keinem Staatsbürger 30) eine Befreiung von den
öffentlichen Lasten bewilligt werden.
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8 5. Die bisher zu Belohnung vorzüglicher, dem Staate ge—
leisteter Dienste verliehenen Lehen, Staats-Domänen und Renten sind
von obigem Verbote ausgenommen.
Auch steht dem Könige die Wiederverleihung heimfallender
Lehen jederzeit frei.
Zu Belohnung großer und bestimmter, dem Staate geleisteter
Dienste können auch andere Staats-Domänen oder Renten, jedoch mit
Zustimmung der Stände, in der Eigenschaft als Mannlehen der
Krone verliehen werden. 31)
Anwartschaften auf künftige der Krone heimfallende Güter,
Renten und Rechte können ebensowenig als auf Aemter oder Würden
erteilt werden.
§ 6. Unter dem Veräußerungs-Verbote sind ferner nicht be-
riffen:
zrif 1) alle Staatshandlungen des Monarchen, welche innerhalb der
Grenzen des ihm zustehenden Regierungs-Rechts nach dem
Zwecke und zur Wohlfahrt des Staats mit Auswärtigen
oder mit Unterthanen im Lande über Stamm= und Staats-
güter vorgenommen werden; insbesondere was
2) an einzelnen Gütern und Gefällen zur Beendigung eines
anhängigen Rechtsstreites gegen Erhaltung oder Erlangung
anderer Güter, Renten oder Rechte, oder zur Grenzberich-
tigung mit benachbarten Staaten, 32) gegen andern angemesse-
nen Ersatz abgetreten wird;
!9) Vergl. Anm. 26.
*o7) „Staatsbürger"“ ist hier gleichbedeutend mit „Staatsangehöriger"“ (vergl.
Tit. IV §8 13 I. c.).
*) Siehe hiezu Tit. VII 8 18 der Verf.-Urk., ferner Art. 2 des Gesetzes
vom 4. Juni 1848 über die Ablösung des Lehenverbandes.
*.) Zu berücksichtigen ist noch, daß Bayern Mitglied des deutschen Reiches
und daher das bayerische Staatsgebiet auch ein Teil des Reichsgebietes ist. Es
können daher von Bayern einseitig und ohne Zustimmung des Reiches wohl solche
Grenzberichtigungen und Gebietsveränderungen vorgenommen werden, welche das
Reich s gebiet nicht beeinträchtigen; dagegen zu anderen derartigen Berichtigungen
bezw. Veränderungen, z. B. Grenzberichtigungen gegen einen ausländischen Staat,
Pohl, Handbuch. I. 31