8 90. Die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern. Tit. IV. 485
mandem, zu welcher Religion er sich bekennen mag, untersagt
werden. 162)
Die in dem Königreiche bestehenden drei christlichen Kirchen—
Gesellschaften genießen gleiche bürgerliche und politische Rechte. 7)
Die nicht christlichen Glaubens-Genossen haben zwar vollkom-
mene Gewissens-Freiheit; rc."8)
Alllen Religionsteilen, ohne Ausnahme, ist das Eigentum der
Stiftungen und der Genuß ihrer Renten nach den ursprünglichen
Stiftungsurkunden und dem rechtmäßigen Besitze, sie seien für den
Kultus, den Unterricht oder die Wohlthätigkeit bestimmt, vollständig ge-
sichert. 49)
Die geistliche Gewalt darf in ihrem eigentlichen Wirkungskreise
nie gehemmt werden und die weltliche Regierung darf in rein geist-
lichen Gegenständen der Religionslehre und des Gewissens sich nicht
einmischen, als insoweit das obersthoheitliche Schutz= und Aufsichts-
recht eintritt, wonach keine Verordnungen und Gesetze der Kirchen-
gewalt ohne vorgängige Einsicht und das Placet des Königs verkündet
und vollzogen werden dürfen. 50) 51)
geittchen Vorstande der verlassenen Kirche vorausgesetzt — ist zulässig und rechts-
wirksam. .
Vergl. auch §§ 5 und 10 der 2. Verf.-Beil.
*““) Siehe §§ 1 und 2 der 2. Verf.-Beil.
*) Vergl. § 24 der 2. Verf.-Beil., unten § 90 a Anm. 62.
Die in diesem Abs. 2 genannten drei christlichen Kirchengesellschaften sind
die katholische, die protestantische und die reformierte Kirche.
Hiezu s. weiter Gesetz vom 1. Juli 1834 „die bürgerlichen und politischen
Rechte der griechischen Glaubensgenossen betr.“ Art. I: die Bekenner der unierten
sowie als der nicht unierten griechischen Kirche genießen mit den Bekennern der
in dem Königreiche bereits verfassungsmäßig bestehenden drei christlichen Kirchen-
Gesellschaften gleiche bürgerliche und politische Rechte. S. auch Anm. 48.
"“8) Der zweite Satz dieses Abs. III ist ebenso wie das vorstehend genannte
Gesetz vom 1. Juli 1834 gegenstandslos geworden bezw. aufgehoben durch das
auch in Bayern giltige Reichsgesetz vom 3. Juli 1869 über die Gleichberechtigung
der Konfessionen, welches lautet: Alle noch bestehenden, aus der Verschiedenheit
des religiösen Bekenntnisses hergeleiteten Beschränkungen der bürgerlichen und
staatsbürgerlichen Rechte werden hiedurch aufgehoben. Insbesondere soll die Be-
fähigung zur Teilnahme an der Gemeinde= und Landes-Vertretung und zur Be-
kleidung öffentlicher Aemter vom religiösen Bekenntnis unabhängig sein.
Vergl. auch noch § 25 der 2. Verf.-Beil.; ferner Edikt vom 10. Juni 1813
über die Verhältnisse der jüdischen Glaubensgenossen im Königreiche Bayern.
Von diesem Edikte sind §§ 1—20 durch die neue Gesetzgebung völlig aufgehoben,
auch § 22 Satz 2, soweit er sich auf die Nichtberechtigung an Gemeindegründen
bezieht. (Näheres s. §§ 220, 221, 2356.)
4.) Vergl. § 46 der 2. Verf.-Beil., sowie den nächstfolgenden 8 10 Tit. IV.
*".) Siehe hiezu § 50 und 58 der 2. Verf.-Beil. Was die Verfassung unter
den „nrein geistlichen Gegenständen der Religionslehre und des Gewissens“ ver-
standen haben will, ist von ihr besonders in § 38 der 2. Verf.-Beil. unter der
Bezeichnung der „inneren Kirchenangelegenheiten“ ausdrücklich aufgeführt.
Der den Kirchengesellschaften verfassungsmäßig garantierte Schutz wird
jedoch nur gewährt, wenn sie die „Grenzen ihres eigentlichen Wirkungskreises