8 90. Die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern. Tit. VII. 499
tilgungs-Kommission von allen ihren Verhandlungen genaue Kenntnis
zu nehmen, und auf die Einhaltung der festgesetzten Normen zu
wachen haben.ö9)
§ 15. In außerordentlichen Fällen, wo drohende äußere Ge-
fahren die Aufnahme von Kapitalien dringend erfordern, und die
Einberufung der Stände durch äußere Verhältnisse unmöglich gemacht
wird, soll diesen Kommissären die Befugnis zustehen, zu diesen An-
leihen im Namen der Stände vorläufig ihre Zustimmung zu erteilen.
Sobald die Einberufung der Stände möglich wird, ist ihnen
die ganze Verhandlung über diese Kapitals-Aufnahme vorzulegen, um
in das Staatsschulden-Verzeichnis eingetragen zu werden.70)
§ 16. Den Ständen wird bei jeder Versammlung die genaue
Nachweisung des Standes der Staatsschuldentilgungs-Kasse vorgelegt
werden.
§ 17. Die Stände haben das Recht der Zustimmung zur
Veräußerung oder Verwendung allgemeiner Stiftungen 71) in ihrer
Substanz für andere als ihre ursprünglichen Zwecke.72)
8§ 18. Ebenso ist ihre Zustimmung zur Verleihung von Staats-
Domänen oder Staats-Renten zur Belohnung großer und bestimmter
dem Staate geleisteter Dienste erforderlich.753)
8§ 19. Die Stände haben das Recht, in Beziehung jauf alle
zu ihrem Wirkungskreise gehörigen Gegenstände dem Könige ihre ge-
meinsamen Wünsche und Anträge in der geeigneten Form vorzu-
bringen.?“)
"5) Siehe bezüglich dieser ständischen Kommissäre und ihrer Thätigkeit auch
a. Art. XII des Gesetzes vom 22. Juli 1819 über das Staatsschulden-
wesen: „Alle von nun an für neue Geld-Anlehen oder für derlei ältere
Papiere auszustellende Obligationen sollen nebst der Unterschrift und
Fertigung der Kommission auch mit der Unterschrift der ständischen
Kommissäre versehen sein."
b. Art. 36 des Grundablösungsgesetzes vom 4. Juni 1848 (Web. 3, 705).
. Art. 35 und 36 des Geschäftsgangsgesetzes vom 19. Januar 1872, f.
unten Anm. 90 S. 508.
70) Vergl. hiezu oben Anm. 65 Ziff. 2.
7!) Ueber den Begriff der „allgemeinen Stiftungen“ im Sinne des § 17 lc.
siehe die Verordn. vom 6. März 1817 „die Verwaltung des Stiftungs= und
Kommunal-Vermögens“ (Web. 1, 511).
.) Vergl. hiezu ferner Tit. IV § 10 der Verf.-Urk. und § 47 der 2. Verf.=
Beil.; ferner Art. 67 der rechtsrhein. Gemeindeordnung (oben S. 486 Anm. 53).
73) Vergl. hiezu Tit. III § 5 Abs. 3 der Verf.-Urk. (oben S. 481), ferner
Art. 2 des Lehenablösungsgesetzes vom 4. Juni 1848 (Web. 3. 707).
7) § 19 I. c. behandelt das sog. „Petitionsrecht des Landtags“.
Ueber dasselbe s. Näheres bei v. Seyd. 1, 356 ff.
Die Grenzen des Petitionsrechtes sind vom Staatsrechte, speziell von der
Verfassungsurkunde selbst gezogen. Vergl. § 1 Tit. VII 1. c. Soweit aber der
Landtag dieses Petitionsrecht innerhalb seiner Zuständigkeit ausübt, hat er andrer-
seits ein verfassungsmäßiges Recht darauf, daß seine „Wünsche und Anträge“
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