506 8 90. Die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern. Tit. VII.
Art. 20. Findet die Interpellation die nötige Unterstützung, so hat der
betreffende Minister dieselbe entweder gleich zu beantworten oder den Tag zu
bestimmen, wann dies geschehen soll oder die Gründe anzugeben, aus welchen
die Beantwortung nicht erfolgen könne.
Vor der Beantwortung ist der Interpellant befugt, seine Interpellation
mündlich zu begründen.
Art. 21. An die Beantwortung der Interpellation oder deren Ablehnung
darf sich eine sofortige Besprechung des Gegenstandes derselben anschließen, wenn
in der Kammer der Reichsräte mindestens 15, in der Kammer der Abgeordneten
mindestens 25 Mitglieder darauf antragen.
Die Stellung eines Antrages bei dieser Besprechung ist unzulässig, es steht
aber jedem Kammermitgliede frei, auf dem von der Geschäftsordnung vorgeschrie-
benen Wege in Form eines Antrages den Gegenstand weiter zu verfolgen.
B. Beratungen.
Art. 22. Beratungsgegenstände, deren Verweisung an einen Ausschuß in
der Verfassung oder einem sonstigen Gesetze vorgeschrieben oder von den Staats-
ministern beantragt ist, müssen der Vorberatung und beziehungsweise Beschluß-
fassung in einem Ausschusse unterstellt werden.
In den Ausschüssen und Abteilungen sind die Regierungsvorlagen, soweit
nicht, namentlich wegen besonderer Dringlichkeit, mit Zustimmung der betreffenden
Staatsminister oder der Kommissäre ein anderes von der Kammer beschlossen
wird, vor allen übrigen Beratungs-Gegenständen sowohl hinsichtlich der Bearbeit-
ung als der Beratung zu berücksichtigen.
Es soll jedoch in jeder Woche ein Tag der Beratung und Erledigung der
Anträge der Kammermitglieder und der Beschwerden gewidmet werden.
Der Kammer bleibt es unbenommen, diese Beratung und Erledigung zu
vertagen und eine bereits begonnene Diskussion fortzusetzen und zu beendigen.
Der Ausschuß oder die Abteilung hat vor der Berichterstattung die be-
treffenden Staatsminister oder kgl. Kommissäre hierüber zu hören.
Art. 23. Vorlagen der Regierung und gesonderte Anträge, welche ohne
vorherige Verweisung an einen Ausschuß (Kommission, Abteilung) in der Kammer
beraten werden sollen, sind durch den Druck zu vervielfältigen, an die Kammer-
mitglieder zu verteilen und gleichzeitig den Vertretern der Staatsregierung zu-
zustellen.
Berichte und Gutachten, welche von einem Ausschusse (Kommission, Ab-
teilung) über Regierungsvorlagen, über Anträge der Kammermitglieder oder über
Beschwerden abzugeben sind, müssen, insoferne nicht mit Zustimmung der Regier-
ungsvertreter etwas anderes beschlossen wird, zum Behufe der erstmaligen Be-
ratung des Gegenstandes schriftlich erstattet, gedruckt und verteilt werden.
Art. 24. Die Beratung über die im Art. 23 bezeichneten Drucksachen
kann ohne Zustimmung der Regierung nicht früher erfolgen, als nachdem zwischen
dem Tage, an welchem die Verteilung stattgefunden hat und dem Tage der Be-
ratung zwei volle Tage verflossen sind.
Die Gegenstände, welche sich auf Vorlagen und Mitteilungen der Regier-
ung beziehen, sind vor allen anderen auf die Tagesordnung zu bringen, wenn
nicht die betreffenden Staatsminister oder Regierungskommissäre einen Aufschub
verlangen oder demselben beistimmen.
C. Abstimmung und Beschlußfassung.
« Art. 25. Zur giltigen Abstimmung wird die Gegenwart der Mehrheit
jener Mitglieder erfordert, aus welchen verfassungsmäßig jede der beiden Kam—
mern zu bestehen hat, mit Vorbehalt derjenigen Fälle, in welchen gesetzlich die
Anwesenheit einer größeren Anzahl vorgeschrieben ist.