§ 90. Die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern. Tit. VII. 507
Art. 26. Wenn im Augenblicke der Abstimmung diese Mehrzahl nicht
versammelt ist, so hat der Präsident die Abwesenden für die nächste Sitzung per—
sönlich laden und die Ladung bescheinigen zu lassen.
Art. 27. Jedes Mitglied der Kammer der Abgeordneten, welches nach
geschehener zweimaliger richtig nachgewiesener Ladung auf die dritte unter An—
drohung des Ausschlusses an ihn ergangene und nachgewiesene Vorladung weder
erscheint, noch sein Ausbleiben durch genügend dargelegte Gründe rechtfertigt, wird
als ausgetreten betrachtet.
Art. 28. Wenn ein Mitglied der Kammer der Reichsräte nach ge-
schehener zweimaliger richtig nachgewiesener Ladung auf die dritte unter An-
drohung des unten festgesetzten Rechtsnachteils an dasselbe ergangene und nach-
gewiesene Vorladung weder erscheint, noch sein Ausbleiben durch genügend dar-
gelegte Gründe rechtfertigt, so wird das betreffende Mitglied für die Dauer des
Landtags als ausgetreten betrachtet.
Art. 29. An der Abstimmung teilzunehmen ist jedes anwesende Mitglied
verpflichtet. Dagegen hat sich der Abstimmung zu enthalten:
1) jedes einzelne Kammermitglied, wenn auf dessen Antrag oder infolge
einer durch die Geschäftsordnung gestatteten Reklamation über die
dauernde oder vorübergehende Verpflichtung oder Berechtigung desselben
zum Sitze in der Kammer entschieden werden soll;
2) jedes einzelne Kammermitglied, gegen welches eine nach der Geschäfts-
ordnung zulässige Anklage oder Beschwerde erhoben wird, oder welches
eine solche gegen ein anderes Mitglied der Kammer erhebt;
3) jedes einzelne Kammermitglied, welches in irgend einer von der Ge-
schäftsordnung vorgesehenen Form die Entscheidung der Kammer be-
züglich einer rein persönlichen Angelegenheit in Anspruch nimmt.
Reklamationen, Anklagen und Beschwerden, welche gegen mehrere Kammer-
mitglieder zugleich gerichtet sind, werden in der Abstimmung getrennt behandelt,
den Fall der formellen Beanstandung der Wahl eines ganzen Wahlbezirkes ab-
erechnet.
gerech Art. 30. Jedem Mitgliede der Kammer steht frei, Erinnerung gegen die
Fassung und Stellung der Fragen zu machen.
Dasselbe Recht steht auch den Staatsministern und kgl. Kommissären zu,
wenn die Fragen eine Vorlage der Regierung oder einen Gegenstand betreffen,
der an dieselbe gebracht werden soll.
Art. 31. Die Abstimmung geschieht bei allen Gegenständen, welche öffent-
lich beraten werden, öffentlich, und zwar in der Regel durch Aufstehen und Sitzen-
bleiben.
Die Kammer kann jedoch die Abstimmung durch Namensaufruf beschließen.
Ueber das Ganze von Gesetzen muß jedenfalls öffentlich mittels Namens-
aufrufes abgestimmt werden.
Art. 32. Giltige Beschlüsse können nur mit Stimmenmehrheit der An-
wesenden gefaßt werden, mit Vorbehalt derjenigen Fällec, in welchen besondere
Gesetze mehr als einfache Stimmenmehrheit erfordern. ·
Bei Stimmengleichheit wird der in Beratung gezogene Vorschlag als ver-
worfen erachtet.
D. Beziehungen der Kammern zu der Staatsregierung und
untereinander.
Art. 33. Die Kammern sowohl als die Ausschüsse haben innerhalb des
Umfanges ihres Wirkungskreises das Recht, diejenigen Erläuterungen und Auf-
schlüsse, welche sie erforderlich erachten, von den einschlägigen Staatsministerien
zu verlangen und haben letztere solchem Ansinnen zu entsprechen.
tatt Unmittelbares Benehmen mit anderen Stellen und Behörden ist nicht
gestattet.