8 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 2. Beilage. 539
bereits gesetzlich aufgenommenen gehören, dürfen ohne ausdrückliche könig-
liche Genehmigung nicht eingeführt werden. 65)
§ 27. Sie müssen vor der Aufnahme ihre Glaubensformeln und
innere kirchliche Verfassung zur Einsicht und Prüfung dem Staatsministerium
des Innern 66) vorlegen.
Zweites Kapitel.
Rechte und Befugnisse der aufgenommenen und
bestätigten Religions= und Kirchen -Gesellschaften.
8§ 28. Die mit ausgdrücklicher königlicher Genehmigung aufge-
nommenen Kirchen-Gesellschaften genießen die Rechte öffentlicher Kor-
porationen. 67)
§ 29. Die zur Ausübung ihres Gottesdienstes gewidmeten Ge-
bäude sollen, wie andere öffentliche Gebäude, geschützt werden. #) 684)
Kultusgemeinden oder Religionsgesellschaften, sowie über die Veränderung be-
stehender, ist der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig.“
Eine derartige Entscheidung gehört zur Zuständigkeit der aktiven Ver-
waltung: s. § 5 Ziff. 4 der Verordn. vom 27. Februar 1847 „die oberste Leitung
der Kirchen= und Schulangelegenheiten betr.“ (Web. 3, 660).
*) „Oeffentliche Kirchengesellschaften“ sind außer den gesetzlich nach Tit. IV.
§9 Abs. 2 aufgenommenen drei christlichen (Katholiken, Protestanten, Reformierte)
keine mehr ausgenommen worden.
Privatreligionsgesellschaften sind: Israeliten, Mennoniten, Herrenhuter,
Anglikaner, Irwingianer, Methodisten, die griechische Kirche (s. Anm. 62 a. E.),
die Altkatholiken, die Deutsch-Katholiken und freireligiösen Gemeinden.
Hierüber Näheres §§ 194, 211 und 212, auch 234; ferner oben Anm. 23.—
Die kgl. Genehmigung als „böffentliche Religions= oder Kirchengesellschaft"
kann den als solche anerkannten Glaubensgenossenschaften auch wieder entzogen
werden, und zwar, wenn diese Auerkennung durch kgl. Entschließung erfolgte,
wieder durch solche; wenn aber durch Gesetz oder gar Verfassungsgesetz, wieder
nur auf dem gleichen Wege der Gesetzgebung.
"6) Nunmehr kgl. Staatsministerium des Innern für Kirchen= und Schul-
angelegenheiten.
Ueberhaupt sind Gesuche um Aufnahme neuer Kirchengesellschaften durch
kgl. Genehmigung beim kgl. Kultusministerium einzureichen.
Eine Glaubensformel, d. h. gewisse Glaubenssätze, welche jedes Mitglied
binden, muß jede Glaubensgesellschaft haben. Ohne eine solche, die Mitglieder
verpflichtende Glaubensformel ist keine Glaubens= oder Kirchengesellschaft gegeben.
6 1) Die besonderen Rechte der „öffentlichen Kirchengesellschaften“ sind in
den §§ 29—31, ferner §§ 44 und 88 der 2. Verf.-Beil. speziell angegeben. Zu
denselben gehört ganz besonders das Recht zur Abhaltung öffentlicher Gottes-
dienste; das Recht der juristischen Persönlichkeit und demgemäß das Recht, Eigen-
tum erwerben und besitzen zu können (§ 44 l. c.); endlich das Recht zur freien
eigenen Gemeindebildung, soferne nur die Voraussetzungen des § 88 l. c.
gegeben sind. Ihre Geistlichen und Religionslehrer sind öffentliche Beamte
(§ 30 l. c.). Vergl. Konkordat Art. XIV.
")) Das Reichsstrafgesetzbuch hat den „zum Gottesdienste bestimmten Ge-
bäuden“ überhaupt, also auch denjenigen der Privatkirchengesellschaften, einen er-
höhten Rechtsschutz gewährt.
Siehe § 243 Abs. 1 Ziff. 1 des Reichs-Str.-Ges.-B. (einfacher Kirchen-
diebstahl ist Verbrechen).