550 § 90 a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 2. Beilage.
§ 73. Die Kirchen und Geistlichen können in Ansehung des ihnen
zustehenden Vermögens weder von Landesunterthänigkeit, weder von Ge-
richtsbarkeit, noch von öffentlichen Staatslasten 106) irgend eine Befreiung
ansprechen.
§ 74. Alle älteren Befreiungen, die hierüber mögen verliehen
worden sein, werden als nichtig erklärt.
§ 75. Die Verwaltung des Kirchenvermögens stehet nach den
hierüber gegebenen Gesetzen unter dem königlichen obersten Schutze und
königlicher oberster Aufsicht. 107)
Drittes Kapitel.
Bei Gegenständen gemischter Natur. #108)
§ 76. Unter Gegenständen gemischter Natur werden diesenigen
verstanden, welche zwar geistlich sind, aber die Religion nicht wesentlich
betreffen und zugleich irgend eine Beziehung auf den Staat und das
weltliche Wohl der Einwohner desselben haben,
Dahin gehören:
a. alle Anordnungen über den äußern Gottesdienst, dessen Ort,
Zeit, Zahl 2c.; 109)
1%) Durch diese Bestimmung wird jedoch selbstverständlich diejenige über
die Befreiung der Kirchen resp. der für den Gottesdienst bestimmten Gebäude und
Grundstücke von Haussteuer bezw. Gemeindeumlagen nicht berührt. S. oben
Anm. 68a.
16%) Ueber „das Finanzwesen der Glaubensgesellschaften“ siehe v. Seyd. 3,
528 ff.
Die Bestimmung des § 75 gilt in gleicher Weise für öffentliche wie für
Privat-Religionsgesellschaften.
Näheres über Verwaltung des Kirchenvermögens s. Bd. II § 200.
106) Hiezu siehe v. Seyd. 3, 524 ff. „die Verwaltung der Glaubensgesell-
schaften“ sowie Bd. II §§ 220 und 222; ferner vergl. über die Gegenstände ge-
mischter Natur folgende Bestimmungen: »
a. geistliche Ratsordnung vom Jahre 1779 (16. Arntemonat 1779:
eb. 1, 21 ff. nebst den daselbst gegebenen Anmerkungen). Einzelne
Bestimmungen derselben haben immer noch praktische Bedeutung; desgl.
die geistliche Rats-Instruktion vom 25. April 1783 (Web. 1, 30 ff.);
b. Religionsedikt vom 24. März 1809 §§ 91—94 (Web. 1, 284 und
hiezu die in Anm. daselbst aufgeführten Verordnungen über abge-
würdigte Feiertage, über Kreuzgänge, über Bruderschaften (bezügl. dieser
s. auch Min.-E. vom 27. April 1849, Web. 4, 31), über Eremiten,
über das Glockengeläute, über abgeschaffte Ceremonien, über Exorcisieren,
über Verkünden von Wundergeschichten, über die sogen, ewige Anbetung
und über die Feuerweihe), endlich § 34 der Form.-Verordn. vom
17. Dezember 1825 über die Zuständigkeit der Kreisregierung, Kammer
des Innern.
1%%) Die Form und Feier des Gottesdienstes gehört dagegen nach § 38
Abs. 2 lit. b zu den inneren Kirchenangelegenheiten.
Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 12. Mai 1893 Bd. 14, 277 f.: „nach
§ 76a, §8 77 und 78 dürfen insbesondere keine einseitigen Anordnungen
der Kirchengewalt 1 Mitwirkung der weltlichen Obrigkeit über den äußeren.
Gottesdienst, dessen Ort, Zahl und Zeit 2c. geschehen. Der einseitigen Anord-
nung ist rechtlich die Aenderung bestehender gottesdienstlicher Verhältnisse