8 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 2. Beilage. 559
Dieses allgemeine Staatsgrundgesetz bestimmt, in Ansehung der
Religionsverhältnisse der verschiedenen Kirchengesellschaften, ihre Rechte
und Verbindlichkeiten gegen den Staat, die unveräußerlichen Majestäts-
rechte des Regenten, und die jedem Unterthan zugesicherte Gewissensfreiheit
und Religionsausübung. 136)
In Ansehung der übrigen inneren Kirchenangelegenheiten sind die
weitern Bestimmungen, in Beziehung auf die katholische Kirche in dem
mit dem päpstlichen Stuhle abgeschlossenen Konkordat vom 5. Junius
1817 und in Beziehung auf die protestantische Kirche in dem hierüber
unterm heutigen Tage erlassenen eigenen Edikte enthalten. 150)
München, den 26. Mai 1818.
Web. 3, 555 Anm “ angegebenen weiteren Entschließungen, besonders die vom
3. Juni 1845.
Vergl. ferner zu § 103 Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 19. Januar
1883 Bd. 4, 295: „Zur Entscheidung über Ansprüche eines Religionsteiles auf
den Mitgebrauch der Kirchenglocken eines anderen Religionsteiles sind, wenn der
Mitgebrauch auf Grund des Miteigentumes an den Glocken beansprucht wird, die
Verwaltungsbehörden nicht zuständig.“
Die Bestimmungen in § 103 der 2. Verf.-Beil. über den Gebrauch der
Glocken auf den Kirchhöfen bei Leichenfeierlichkeiten bezieht sich nur auf Leichen-
feierlichkeiten, welche auf dem für die verschiedenen Religionsteile gemeinschaft-
lichen Begräbnisplatze stattfinden.
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 2. März 1888 Bd. 9, 425: „In einem
Streite gemäß § 103 der 2. Verf.-Beil. über die Benützung von Kirchhofglocken,
welche sich im Eigentum einer Kirchenstiftung befinden, erscheint außer dem Kirchen-
vorstande auch die Verwaltung dieser Kirchenstiftung als zur Sache beteiligt.“
Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 9. Juli 1890 Bd. 12, 256: „In Er-
mangelung besonderer Bestimmungen, welche über Benützung der Glocken von
Simultankirchen bei Beerdigungsfeierlichkeiten in den das betr. kirchliche Simul-
taneum begründenden Spezialgesetzen oder in besonderen Verträgen ausdrücklich
niedergelegt sind, müssen die in einem Simultanverhältnisse befindlichen Kirchen-
gemeinden bezüglich des Gebrauches der ihnen gemeinschaftlichen Glocken bei
Beerdigungsfeierlichkeiten als gleichgestellt erachtet werden.“
Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 23. März 1892 Bd. 13, 467: „Der
kgl. Verwaltungsgerichtshof ist zur letztinstanziellen Entscheidung eines zwischen
einer politischen und einer kirchlichen Gemeinde bestehenden Streites über
cin Gebrauchsrecht an Kirchenglocken zu einem kirchlichen Zwecke nicht zuständig.“
1½6) Vergl. hieher das oben in Anm. 21 a auf S. 524 Gesagte. Hiezu
fügen wir noch bei: Das Verhältnis von Konkordat und Protestantenedikt zur
2. Verf.-Beil. geht auch aus dem Wortlaute des Abs. 2 und bezw. Abs. 3 des
§ 103 l. c. hervor. Nach Abs. 3 dieses § 103 soll nur in Ansehung der übrigen,
d. h. der nicht in Abs. 2 desselben aufgezählten und im Religionsedikte überhaupt
nicht behandelten inneren Kirchenangelegenheiten einerseits das Konkordat
(bezüglich der katholischen Kirche), andrerseits das Protestantenedikt (bezüglich der
protestantischen Kirche) Bestimmung treffen. Daraus folgt, daß Konkordat und
Protestantenedikt — da sie die nicht im Religionsedikte geregelten Dinge zu
ordnen haben — den Bestimmungen des letzteren weder vorgehen noch sie ab-
ändern können bezw. wollen.
Konkordat und Protestantenedikt, welche hinter der 10. Verf.-Beil. abgedruckt
sind, werden durch den Abs. 3 J. c. als Bestandteile der Verf.-Urk. erklärt. Vergl.
hiezu Art. XVIII des Konkordats, nach welchem der König die Verpflichtung über-
nahm, das Konkordat als Staatsgesetz zu erklären. Letzteres ist sowohl durch die
Fassung des Abs. 3 § 103 der 2. Verf.-Beil. als auch „neuerdings“ durch die
allerh. Entschl. vom 15. September 1821 (Web. 2, 65) — die sogen. Tegernfeer
Erklärung — geschehen. S. Anm. 1 zum Konkordat auf S. 598.