Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

§ 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 7. Beilage. 581 
§ 40. Bei Bildung dieser neuen Fideikommisse tritt die im Tit. II. 
88 23—30 vorgeschriebene gerichtliche Instruktion und Bestätigung ein. Mit dem 
Gesuche um die Bestätigung ist der Beweis zu verbinden,) daß das zum neuen 
Fideikommiß bestimmte Vermögen vor Auflösung der Fideikommisse die Eigenschaft 
eines Fideikommiß= oder Stamm-Gutes an sich getragen habe, und die Erbfolge 
anzuzeigen, welche dabei vormals stattgefunden hat, oder künftig stattfinden soll. 
& 41. Die im gegenwärtigen Titel enthaltene Begünstigung der Fidei- 
kommiß-Errichtung aus dem vormaligen Stamm= oder Fideikommiß-Vermögen ist 
auf die Dauer von zwei Jahren, von Bekanntmachung des gegenwärtigen Ediktes 
an gerechnet, dergestalt beschränkt, daß nur diejenigen Fideikommisse hienach be- 
urteilt werden, bei welchen der Besitzer innerhalb dieses Zeitraumes entweder bei 
Gericht durch das Gesuch um Bestätigung (§ 24) erklärt hat, daß er aus dem vor- 
maligen Fideikommiß-Vermögen ein neues Fideikommiß bilden wolle, oder für 
welche der Besitzer, wenn er während der zwei Jahre stirbt, die bestimmte schrift- 
liche Erklärung hinterläßt, daß aus dem vormaligen Fideikommiß-Vermögen ein 
neues Fideikommiß gebildet werden soll. 
Titel IV. 
Von den Rechten und Verbindlichkeiten, welche aus dem Fideikommiß- 
Verbande entspringen. 
* 42. Das Eigentum des Fideikommiß-Vermögens steht nicht dem jedes- 
maligen Besitzer desselben allein, sondern auch den übrigen zur Nachfolge Be- 
rechtigten (Anwärtern) zu. 
8 43. Vermöge des Mit-Eigentums sind die Anwärter berechtigt: 
1) zu verlangen, daß alle zum Fideikommiß gehörigen Sachen in ein or- 
dentliches Verzeichnis gebracht und darin die beweglichen nach ihrer 
Beschaffenheit, Zahl, Größe, Gewicht oder Wert genau beschrieben 
werden. Dieses Verzeichnis dient bei jeder Besitzveränderung und bei 
Absonderung des Fideikommisses vom Allodium zur Richtschnur; 
2) zu verlangen, daß die Schuldbriefe über die zum Fideikommiß gehöri- 
gen Kapitalien auf den Namen des Fideikommisses als Gläubiger ge- 
stellt und bei Gericht zur Bewahrung hinterlegt werden; 
3) eine üble Verwaltung der Fideikommiß-Güter dem Gerichte anzuzeigen; 
4) überhaupt sowohl für Erhaltung der Substanz, als für Erfüllung der 
fideikommissarischen Anordnungen zu wachen und darüber in den ge- 
eigneten Fällen die gerichtliche Hilfe nachzusuchen. 
§ 44. Der Fideikommiß-Besitzer hat alle Rechte und Verbindlichkeiten 
eines Nutzungs-Eigentümers; ihm gebührt also die Verwaltung und der Genuß 
des Fideikommisses; er trägt dagegen auch alle Lasten und ist verbunden, die 
Fideikommiß-Güter in gutem Stande zu erhalten und hierauf den Fleiß eines 
guten Hausvaters zu verwenden. 
*45. Durch Willens-Erklärung des Konstituenten kann dem Besitzer des 
Fideikommisses der Genuß gänzlich auf nicht länger als zwanzig Jahre entzogen 
und nach diesem Zeitraume vom Konstituenten nicht weiter beschränkt oder belastet 
werden, als so, daß dem Besitzer der volle Genuß des zur Gründung eines 
Fideikommisses erforderlichen Vermögens (§ 2) unbeschwert bleibe. 
§ 46. Wenn der Konstituent keine besondere Verfügung zum Vorteil der 
Familien-Glieder (§ 12) gemacht hat, so ist der Fideikommiß-Besitzer verbunden, 
seinen Geschwistern und der Witwe seines Vorfahrers im Mangel eines andern 
  
*7) Vergl. § 5 des Gesetzes vom 11. September 1825: „die Disposition 
des § 40 in Betreff des Beweises, daß das zum neuen Fideikommisse bestimmte 
Vermögen vor Auflösung der Fideikommisse die Eigenschaft eines Fideikommisses 
oder Stammgutes an sich getragen habe, schließt nicht aus, daß auch Vermutungen 
als Beweismittel genügen.“
	        
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