Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

582 8 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 7. Beilage. 
Vermögens oder Einkommens die nötige und nach den Umständen zu bestimmende 
Alimentation, auch seinen Töchtern und Schwestern unter eben diesen Voraus- 
setzungen bei ihrer Verehelichung eine anständige Aussteuer zu geben. 
& 47. Ist dem Besitzer des Fideikommisses der Genuß durch Willens- 
Erklärung des Konstituenten entzogen, so fällt auch für diesen Zeitraum jeder 
Anspruch der Witwen und anderer Familien-Glieder auf einen Bezug aus dem 
Fideikommisse hinweg. 
8 48. Der Fideikommiß-Besitzer kann eigenmächtig das Fideikommiß mit 
einer neuen bleibenden Bürde oder Dienstbarkeit nicht belegen, ebensowenig die 
zum Fideikommisse gehörigen Güter durch Tausch, Verkauf, Vergleich oder auf 
andere Weise veräußern. 1) Verpachtungen, die auf mehr als neun Jahre ab- 
geschlossen sind, verbinden den Nachfolger nicht. 
8§8 49. Zu allen Veräußerungen, desgleichen zu allen Veränderungen an 
der Substanz des Fideikommisses, z. B. durch Ankauf eines Gutes aus den vor- 
handenen Fideikommiß-Kapitalien durch Ablösung fruchtbringender Realrechte wird 
nach Vernehmung der Anwärter die Genehmigung des Gerichts erfordert. ½) 
8 50. Sind mit einem Fideikommisse lehen= (erbzins= oder erbrechtsybare 
Güter verbunden, so muß auch noch die Einwilligung des Lehen= (oder Grund-,) 
herrn und hinsichtlich der durch königliche Dotation gegründeten Fideikommisse die 
königliche Einwilligung vorher erholt werden. 
8 51. Das Gericht muß alle bekannten Anwärter und wenn sie minder- 
jährig oder abwesend sind, ihre Kuratoren, dann den Vertreter des Fideikommisses, 
wenn einer bestellt ist, darüber vernehmen, alle Verhältnisse genau prüfen und 
nach reifer Erwägung der Gründe die Genehmigung erteilen oder abschlagen. 
8 52. Jede Veräußerung oder Belastung der Substanz des Fideikommisses 
ohne Genehmigung des Gerichtes ist nichtig und kann nicht nur von jedem Fidei- 
kommiß-Folger, sondern auch von jedem Anwärter, sowie von dem Vertreter des 
Fideikommisses, wenn einer bestellt ist, selbst von jenen Anwärtern, welche in die 
Veräußerung oder Belastung eingewilligt haben, und von ihren Nachfolgern an- 
gefochten, und das Veräußerte, wenn es in unbeweglichen Gütern besteht, von jedem 
dritten Inhaber zurückgefordert werden. Inwieferne die Vindikation beweglicher 
Sachen gegen den dritten Inhaber stattfinde oder der Schuldner eines zum Fidei- 
kommisse gehörigen Kapitals durch Zahlung an den Fideikommiß-Besitzer von der 
Schuld befreit werde, ist nach den Civil-Gesetzen zu beurteilen. Die vindizierten 
Bestandteile des Fideikommisses sollen wieder mit demselben vereinigt werden. 
§ 53. Für die Allodialschulden des Fideikommiß-Besitzers haftet die 
Substanz des Fideikommisses nicht und selbst dessen Früchte können dafür nicht 
weiter in Anspruch genommen werden, als sie dem schuldenden Besitzer nach Abzug 
der Fideikommiß-Lasten zukommen, und mit Vorbehalt der Kompetenz. Die 
Fideikommiß-Folger können daher um die Allodial-Schulden des Vorgängers nur 
insoferne belangt werden, als sie entweder zugleich dessen Allodial-Erben sind oder 
sich für eine Schuld besonders verbürgt haben. 
  
  
8) Siehe dagegen Art. I Abs. 2 (auch Art. X) des Zwangsenteignungs- 
gesetzes vom 17. November 1837: „die Lehens-, Fideikommiß= oder Stammguts- 
Eigenschaft steht der Zwangsabtretung nicht entgegen“. 
Vergl. auch Art. 27 des Weideablösungsgesetzes vom 28. Mai 1852 (Web. 
4, 461); desgl. Forstgesetz in der Fassung vom 4. Juli 1896 Abt. 2; Ges.= und 
Verordn.-Bl. S. 329 ff.; vergl. auch unten § 65 I. c. 
7.) Vergl. Art. 5 und 9 des Flurbereinigungsgesetzes vom 29. Mai 1886 
(Web. 18, 35 und 37), vergl. auch Art. X des Zwangsenteignungsgesetzes vom 
17. November 1837 (Web. 3, 213).
	        
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