Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

598 § 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. Konkordat. 
Das die inneren katholischen Kirchen-Angelegenheiten ordnende 
RKonkordaft 
mit seiner päbstlichen Heiligkeit Pius VIl. 
vom 5. Juni 1817.1½ 
Art. I. Die römisch-katholisch-apostolische Religion wird in dem 
ganzen Umfange des Königreichs Bayern und in den dazu gehöri#yen 
Gebieten unverfahrt mit jenen Rechten und Prärogativen erhalten werden, 
welche sie nach göttlicher Anordnung und den kanonischen Satzungen zu 
genießen hat. 
Art. II. Seine päbstliche Heiligkeit werden mit Beobachtung der 
1) Vergl. hiezu oben Anm. 21a auf S. 524 und Anm. 136 zur 2. Verf.- 
Beilage bezüglich des Verhältnisses des Konkordats zum Religionsedikt. 
Der Bestimmung des Art. XVIII des Konkordats entsprechend ist durch 
§ 103 Abs. 3 der 2. Verf.-Beilage das Konkordat als ein Teil der Verfassung, 
also als Staatsgrundgesetz erklärt. Beide — Religionsedikt und Konkordat — 
erhalten ihre verfassungsmäßige Giltigkeit vom gleichen Tage und sind daher in 
ihren Bestimmungen an sich gleichwertig. Doch gilt für die Auslegung von 
Bestimmungen beider Verfassungsgesetze, welche mehrfacher Deutung fähig wären, 
das oben in Anm. 21a und 136 zur 2. Verf.-Beilage Gesagte. Wohl sprach ein- 
mal die Min.-E. vom 8. April 1852 „den Vollzug des Konkordats betr.“ (Web. 
4, 379) in Ziff. 1 aus: „Bei Auslegung und Anwendung mehrdeutiger und 
zweifelhafter Stellen der 2. Verf.-Beilage ist jene Interpretation anzunehmen, 
welche mit den Bestimmungen des Konkordats übereinstimmend ist oder sich den- 
selben annähert.“ Allein diese Min.-E. vom 8. April 1852 ist durch die spätere 
Kultus-Min.-E. vom 20. November 1873 gleichen Betreffs (Web. 10, 155 f.) 
außer Wirksamkeit gesetzt und besonders ausgesprochen worden: „Es sollen in 
allen bei den Verwaltungsstellen und Behörden vorkommenden Geschäftsgegen- 
ständen kirchlicher und kirchenpolitischer Natur, wie es der Staatsver- 
fassung entspricht, die bestehenden Grundgesetze des Staates, 
sowie die übrige hieher bezügliche Gesetzgebung des Landes die 
Norm geben und nach den Regeln des Rechtes ihrem ganzen Inhalte nach 
zur Anwendung gebracht werden.“ 
In gleicher Weise behält es bei den auf Grund dieser Gesetzgebung er- 
lassenen Verordnungen und Instruktionen sein Bewenden. S. Piloty Verf.-Urk. 
S. 86 f. 
Durch allerh. Entschl. vom 19. Januar 1822 (Web. 2, 72) wurde aus- 
drücklich ausgesprochen, daß „das Konkordnt und alle auf die Vollziehung des- 
selben sich beziehenden Anordnungen lediglich auf die katholische Kirche 
und die Staatsangehörigen der katholischen Religion sich erstrecken und die ver- 
fassungsmäßigen Rechte der protestantischen Kirche und ihrer Glaubens- 
genossen nicht berühren.“ — 
Weiter s. hiezu: allerh. Entschl. vom 12. März 1818: „die Verhältnisse der 
protestantischen Kirche in Bayern betr.“ (Web. 1, 554); vom 7. November 1818: 
„Erklärung über einige Artikel der Verf.-Urk. und besonders das derselben bei- 
gefügte Edikt in Beziehung auf die Religionsverhältnisse betr.“ (Web. 1, 745 und 
oben S. 524 Anm. 21 a und S. 559 Anm. 136 zur 2. Verf.-Beil.) und vom 
15. September 1821: „die Tegernseer Erklärung über das Konkordat“ (Web. 2, 65). 
In Bezug auf die katholische Kirche übt der König nicht (wie bei der 
protestantischen) das Kirchenregiment aus, sondern nur die Kirchenhoheit, indem 
er die Rechte des Staates der Kirche gegenüber wahrt bezw. auf Grund der Ver- 
fassung durch die kgl. Staatsregierung wahren läßt. —
	        
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