8 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. Protestanten-Edikt. 613
§ 16. Die Konsistorien sind in ihrem Wirkungskreise gegen die
Regierungen als koordinierte Stellen zu betrachten, wonach sie sich wechsel-
seitig gegen einander zu benehmen haben; in Staats-, Polizei= und andern
nach dem Edikte über die äußern Rechtsverhältnisse zur weltlichen Re-
gierung gehörigen Gegenständen aber sind sie den Regierungen unter-
geben; diese haben jedoch in ihren Ausfertigungen an dieselben sich jeder-
zeit einer geziemenden Schreibart zu bedienen.
§ 17. Den Konsistorien sind in Gegenständen ihres Wirkungs-
kreises die Distrikts-Dekanate und Pfarrer untergeordnet; Verfügungen
an weltliche Behörden können sie nur durch die Regierung bewirken,
welche ihnen zur Unterstützung in der Ausübung ihrer Amtsbefugnisse
nicht verweigert werden dürfen, solange sie in den gesetzlichen Schranken
ihres Wirkungskreises verbleiben; auch werden die Landgerichte 19) und
übrigen Polizeistellen hierdurch angewiesen, denselben hiezu jederzeit den
erforderlichen Beistand zu leisten.
IV. Verhältuisse des Ober-Konsistoriums zu dem Staatsministerinm
des Innern.13)
§ 18. Das Ober-Konsistorium ist ein dem Staatsministerium des
Innern 13) unmittelbar untergeordnetes Kollegium; es empfängt hiernach
von demselben Aufträge und Befehle durch Reskripte und erstattet an
dasselbe Berichte.
§ 19. Dasselbe hat hiernach an genanntes Staatsministerium
gutachtliche Berichte zu erstatten und durch dieses die allerhöchste Ent-
schließung zu erholen:
a. in allen Gegenständen neuer organischer kirchlicher Einrichtungen
und allgemeiner Verordnungen;
b. bei Anordnungen allgemeiner öffentlicher Gebete und außer-
ordentlicher Kirchenfeste oder Abschaffung bestehender Feste und
Feiertage;
c. in Fällen, wo es auf Bestimmung der Verhältnisse zwischen
katholischen und protestantischen Pfarreien und einzelner Ein-
wohner verschiedener Glanbensbekenntnisse ankömmt, nach §§ 47
und 48 der Konsistorial-Ordnung, 2#1) wohin insbesondere die
Purifikationen gemischter Pfarreien gehören;
d. bei Dispensationsgesuchen wegen verbotener Verwandtschafts-
rade; 22)
4/) Jetzt: königl. Bezirksämter und unmittelbaren Magistrate.
*o") Staatsministerium des Innern für Kirchen= und Schulangelegenheiten.
*!) Konsist.-Ordn. vom 8. September 1809 Tit. II: Web. 1, 302 f.
*) Vergl. hiezu §§ 28, 33, 35 und 50 Abs. 1 des Personenstandsgesetzes
vom 6. Februar 1875. Die im obigen § 19 lire. d angeführte Dispensation
wegen verbotener Verwandtschaftsgrade ist nunmehr weggefallen. Außer den Dis-
pensationen nach §§ 28, 35 und 50 Abs. 1 des Personenstandsgesetzes gibt es nur
noch Dispensation nach § 33 Ziff. 5 I. c. (Dispensation von dem Verbote der
Ehe zwischen einem wegen Ehebruch Geschiedenen und seinem Mitschuldigen) und
zu dieser ist nach § 1 der Verordn. vom 15. Dezember 1875 (Web. 17 260)
Entscheidung des Königs erforderlich. Näheres Bd. II § 240. "