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Kanäle, Wege und Schlösser. Ihre Handelsleute holten von den Deutschen
Vieh, Felle, Pelze, Frauenhaare, Bernstein u. dgl., brachten ihnen dagegen
Kleider, Schmucksachen u. a. Viele Deutsche traten in den römischen Kriegs-
dienst. Später vereinigten sich die deutschen Stämme zu 4 großen Volker-
bündnissen: Alemannen am Oberrhein, Tranken am Niederrhein, Sachsen
zwischen Rhein und Elbe, Goten im Osten; sie beunruhigten auf ihren
Beutezügen unablässig die römischen Grenzen.
2. Die Völkerwanderung (375—568).
1. Die Hunnen, mongolische Hirten= und Reiterschwärme aus dem
innern Asien, setzten seit 375 durch ihre Angriffe fast alle Völker Europas
in Bewegung. Ihre Gestalt war kurz und gedrungen, Kopf und Hals dick,
das Haar schwarz und struppig, das Gesicht braungelb und zerschnitten, die
Nase wie gequetscht. Die Augen waren schiefgeschlitzt und stechend, die Lippen
aufgeworfen, die Backenknochen vorstehend, Schultern und Arme stark, die
Beine vom steten Reiten krumm und schwach. Sie trugen Kittel von
Leinen und Mausfellen und Hosen von Bocksfellen, aßen Wurzeln, Un-
geziefer und rohes Fleisch, das sie unter dem Sattel mürbe ritten, wohnten
in Zelten und wanderten zu Roß und auf Karren hin und her. Ihr
Charakter war aus Raubgier, Zerstörungswut, Grausamkeit und Scham-
losigkeit zusammengesetzt. Sie hatten weder einen Gott noch Götzen, weder
Glauben noch Liebe, weder Treue noch Gerechtigkeit. Im Kampfe stürzten
sie blitzschnell mit Geheul auf den Feind, schossen ihre Pfeile ab und flohen
zum Schein. Plötzlich wandten sie sich gegen die Verfolger, griffen zum Säbel,
warfen dem Feinde Schlingen über den Kopf und schleppten ihn hinter sich her.
2. Die Westgoten. Zuerst wurden die Alanen und Ostgoten im öst-
lichen Rußland von den Hunnen verdrängt oder unterworfen. Die West-
goten zogen sich über die Donau zurück und erhielten auf die Bitte hres
Bischofs Ulfilas vom Kaiser Valens Wohnsitze in Thracien. Weil sie
aber von römischen Statthaltern bedrückt und überteuert wurden, so empörten
sie sich, schlugen das römische Heer bei Adrianopel und verbrannten den
todwunden Kaiser in einer Bauernhütte. In dieser Not rettete der Kaiser
Theodosius das Reich, indem er die Goten durch weise Behandlung be-
ruhigte und sie als steuerfreie aber kriegspflichtige Bundesgenossen annahm.
Später stellte sich der junge, thatendurstige Alarich an die Spitze seiner
Goten, plünderte und verheerte Griechenland, brach dann in Italien ein und
forderte der bestürzten Weltstadt Rom einen ungeheuren Tribut an Gold,
Kleinodien und Kleidern ab. Als die Gesandten ausriefen: „Was bleibt
uns dann noch?“ antwortete der Sieger kalt: „Das Leben!“ Als sie ihm
mit der großen Volkszahl Roms drohten, meinte er: „Je dichter das Gras,
desto besser das Mähen!, Als der elende Kaiser Honorius, der hinter
Sümpfen in Ravenna sich aufhielt, den Vertrag nicht eingehen wollte, stürmte
Alarich Rom bei Nacht (410) und ließ es plündern, verschonte aber die
Kirchen. Alarich wollte hierauf nach Sicilien und Afrika, wurde aber in
Unteritalien im 34. Lebensjahre vom Tode ereilt. Seine trauernden Goten
sollen ihn in dem Bette des abgeleiteten Flusses Busento begraben haben.
Seine Nachfolger führten die Goten zurück und gründeten zu beiden Seiten der
Pyrenäen das große Westgotenreich mit der Hauptstadt Tolosa, jetzt Toulouse.
3. Vandalen und Angelsachsen. Die Vandalen gingen 429 aus
Spanien nach Nordafrika und gründeten da ein mächtiges Reich mit der Haupt-
stadt Karthago. Bei der Belagerung von Hippo “ darin der Bischof