Full text: Illustriertes Realienbuch.

1. 45 — 
seine Helfer erwies sich Waldemar sehr dankbar, indem er ihnen Landstriche 
und Gerechtsamen abtrat. Kaiser Karl erkannte ihn zuerst an; da er sich 
aber später mit Ludwig ausfsöhnte, erklärte er ihn für einen Betrüger, und 
Ludwig eroberte die abgefallenen Städte bald zurück. Er hatte aber alle 
Freude an der Mark verloren, überließ sie seinen Brüdern Ludwig dem 
Römer und Otto dem Faulen und gog sich nach seinem schönen Tirol 
zurück. Der falsche Waldemar starb in Dessau und wurde fürstlich bestattet. 
Er soll ein Knappe Waldemars, der Müller Jakob Rehbock, gewesen und 
wegen seiner Ahnlichkeit mit Waldemar zu dem Betruge benutzt worden sein. 
Otto dem Faulen, dem kläglichsten Fürsten, der je ein Land regiert 
hat, wußte der schlaue Kaiser Karl IV. die Mark durch allerlei List aus 
den Händen zu reißen, um seinen Sohn Wenzel damit zu belehnen (1373). 
15. Die Mark unter den Luxemburgern (1373—1415). 
1. Karl IV. im deutschen Reiche. Er war auf allerlei krummen Wegen 
zum Throne gekommen und wußte überall seinen Vorteil wahrzunehmen. Dem 
deutschen Reiche war er ein Stiefvater und vergab dessen Gerechtsamen, um seinen 
Säckel zu füllen. In Italien spielte er ohne Heer eine 
traurige Rolle und stahl sich am Tage seiner Krönung 
wie ein Dieb aus Rom. Der Dichter Petrarca rief ihm 
nach: „Wenn dir dein ritterlicher Großvater in den Alpen 
begegnete, mit welchem Namen würde er dich anreden?“ 
In dieser Zeit wurden die Gemüter durch große Schreck- 
nisse, wie Hungersnot, Erdbeben, Heuschreckenschwärme 
und den „schwarzen Tod“ erschüttert. Letzterer war eine 
Pest, die wie ein Würgengel Europa durchzog und ein 
Drittel aller Menschen wegraffte. Weil das entsetzte 
Volk meinte, die Juden hätten sie durch Vergiftung der 
Brunnen erzeugt, so wurden diese Unglücklichen grausam 
verfolgt. Andere sahen in ihr ein göttliches Strafgericht 
und wollten den Zorn Gottes durch schmerzliche Buß- 
übungen versöhnen. Die Geißler zogen in Schwärmen 
unter einer roten Nahne umher, sangen Bußlieder und 
geißelten sich mit Stachelriemen blutig. Zuletzt sammelten 
sie auch Geld ein und verübten !•5 Gewaltthaten, 
so daß man die Thore vor ihnen schloß. — Karl IV. 
setzte durch die goldene Bulle (von der goldenen 
Siegelkapsel so genannt) 1356 fest, daß 7 Kur= oder 
Wahlfürsten den Kaiser wählen sollten, und zwar drei geistliche: die 
Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, und vier weltliche: der König 
von Böhmen, der Pfalzgraf am Rhein, der Herzog von Sachsen und 
der Markgraf von Brandenburg. 
2. Karl in Böhmen und Brandenburg. Fir diese Länder war er 
ein wahrer Vater. In Böhmen brach er die Räubernester, sorgte für ge- 
rechtes Gericht, ließ Wege und Brücken bauen, Flüsse schiffbar machen, zog 
deutsche Gelehrte, Künstler und Landbauer ins Land und gründete 1348 die 
Universität Prag als eine Pflanzstätte der Bildung. Bisher war die 
Wissenschaft in den Klöstern gepflegt worden oder das Vorrecht der Geist- 
lichen gewesen. Bis zu 200000 stieg die Zahl der Studenten. War Böhmen 
für den Kaiser das rechte, so war Brandenburg das linke Auge. Er 
weilte gern in Tangermünde an der Elbe und machte es zum Mittel- 
  
 
	        
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